WEILBURGS SCHLOSSKAPELLE#

Baden
Alte Ansichtskarte,I.Ch.Graupp

Baden war im August 1858 wieder Schauplatz einer außergewöhnlichen Feierlichkeit, die neue Schlosskapelle bei der Weilburg wurde eingeweiht.

Auf Befehl Erzherzog Albrecht wurde in unmittelbaren Nähe seiner prächtigen Sommerresidenz ein Gotteshaus errichtet, welches nun als Denkmal des frommen Stifters und seiner Familie und zugleich als gegenwärtige Leistungsfähigkeit Österreichischer Kunst darstellt.

Die Kapelle ist im gotischen Stil des 13. Jahrhunderts ausgeführt, eine Ideenfülle gotischer Baukunst wurde hier mit kleinen Einschränkungen verwirklicht. So ist der Turm in einer harmonischen Höhe, in der Ornamentik mit Motiven dem Eichen- und Efeulaub ohne jegliche Üppigkeit, entnommen. Das Portal zeigt die schönsten Profilierungen und Ornamente; unter dem gotischen Türmchen zeigen sich die vier Evangelisten; ober dem Eingang befindet sich ein Basrelief, welches die heilige Jungfrau vorstellt.

Das Innere der Kapelle gewährt mit seinem kunstreichen Oratorium aus Gusseisen, die Fenster mit bunten Glasmalereien, der Fußboden bestehend aus Carrara Marmor und darauf die geschnitzten Bänke, die einen wohltuenden Eindruck vermitteln. Besonders eindrucksvoll wirkt der Altar, der sich in gotischer Struktur aufzutürmen scheint. Wie filigrane Stämmchen steigen die Säulen auf, winden Äste und Kronen ineinander. Oben im zarten Gewebe befinden sich die plastischen Figuren der h. Kirchenväter Hieronymus, Gregorius, Augustin und Ambrosius; die drei Altarbilder. Die hl. Jungfrau Maria als Mittelstück, Karl Borromäus und Albert als Seitenbilder, sind auf Goldgrund gemalt.

Besonders erfreulich war die Tatsache, dass der gesamte Bau bis ins kleinste Detail von österreichischen Künstlern ausgeführt wurde. Den Plan zur Kapelle entwarf der Architekt Anton Hefft, unter seiner Leitung wurde der Bau von dem Baumeister Paul Wasserburger, dem Steinmetzmeister Anton Wasserburger, dem Tischlermeister Friedrich Hefft, und dem Zimmermeister Moriz Wasserburger, erledigt. Die Beschläge an den Türen sind vom Schlossermeister Joseph Gregor aus Baden. Die gemalten Fenster sind den Patronen Ihrer Majestäten und der erzherzoglichen Familie gewidmet und stellen Franz, Elisabeth, Friedrich, Therese, Wilhelm, Hildegard und Mathilde dar, war das Werk von dem berühmten Karl Geyling. Die Evangelisten mit dem Basrelief am Eingang verfertigte kein geringerer als Anton Fernkorn und die Ornamente in Stein und Erz vom Bildhauer Schönthaler, die beiden Altarbilder rechts und links von Kael Geiger. Das Maßwerk an den Türen kann als ein besonderer Fortschritt bezeichnet werden, der nur bei einer entwickelten Industrie möglich ist. Und in welch kurzer Zeit wurde dieser Bau vollendet. Am 23 August 1856 wurden die ersten Steine der Fundamentmauer, am 23, August 1857 der Schlussstein im Turmgewölbe gelegt. Am 29. Oktober 1857 wurden die beiden von Ignaz Hilzer in Wiener Neustadt gegossenen Glocken aufgezogen, am 7. November 1857 die Kreuzblume und das Turmkreuz befestigt. In kaum zwei Jahren war der Bau fertig.

Am 31. Juli 1858 wurde die Kapelle in Gegenwart Ihrer k. Hoheiten Erzherzoginnen Hildegard, Marie Therese, Mathilde und der Erzherzöge Wilhelm, Rainer und Sigmund eingeweiht. Unter Vorantragung des Kreuzes und dem Geläute der Glocken begaben sich die Geistlichkeit und geladenen Personen vom Schloss zur Kapelle. Nach dem Eintritt aller Herrschaften wurde um 10 Uhr die Grundsteinlegung und darauf vom Dechant aus Baden, Lorenz Alko die Einsegnung vorgenommen. Dann folgte in dem kleinen Gotteshaus die erste hl, Messe.

QUELLE; Wiener Zeitung, 2. August 1858, S 1, ANNO Österreichische Nationalbibliothek

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