UNDINE BRUNNEN#

Baden
Undine Brunnen,Österr.Ill-Zeitung

Baden die schöne Kurstadt im Fahnenschmuck feiert am 1. Juli 1903 ein bedeutungsvolles sowie denkwürdiges Ereignis, die feierliche Eröffnung der bereits im Betrieb stehenden von der Stadtgemeinde Baden in eigener Regie erbauten Ebenfurther Tiefquellen-Wasserleitung und zugleich die Kanalisation. Dieser außergewöhnliche Gedenktag wird mit einer monumentalen Erinnerung gekrönt: durch den Undine Brunnen im herrlichen Kurpark, wo Militärkapellen zur Unterhaltung der Kurgäste täglich aufspielen. Das Wetter war am Morgen düster mit Sprühregen, doch während des Tages heiterte es sich auf, bis endlich die Sonnenstrahlen siegreich blieben.

Die entzückende Schöpfung ist die jüngste Arbeit des Wiener Bildhauers Josef Kassin. Als Kassin mit der Aufgabe betraut wurde, einen Monumetalbrunnen zu schaffen, ahnte niemand, welch reiche Phantasie und poetische Empfindung in dessen Gemüte schlummern. Bereits die Wahl dieses zauberhaften Brunnenmotivs dokumentiert das empfindungsvolle Herz dieses Bildhauers, Es handelt sich um eine der schönsten Szenen aus Undine, einer Erzählung von Friedrich Baron de la Motte Fouqué, entnommen aus Reklams Bibliothek um 24 Heller erhältlich.

Mit diesem Werk aus Carrara-Marmor und Margarethner Sandstein, übertraf sich der hoch talentierte und sehr gefragte Künstler selbst, der in Klagenfurt am 15. Mai 1856 geboren, starb am 30. Dezember 1931 in Wien.

Pünktlich um ¼ 1 Uhr fuhr vor dem Festplatz bei der neuen Bade- und Heilanstalt Erzherzog Rainer mit seinem Obersthofmeister Graf Orsini-Rosenberg vor. Unter den Festgästen entdeckte man Reichsratsabgeordneter Baron Doblhoff, Landesgerichtsrat Baron Handel-Mazetti, Bezirkshauptmann Freiherr von Egger, Statthalter Kielmansegg Vertreter der Presse nahmen ebenfalls an dem Festakt teil.uam.

Bildhauer Kassin war durch eine unaufschiebbare künstlerische Tätigkeit in der Hofburg verhindert, der Enthüllung seines Werkes beizuwohnen.

Nachdem Bürgermeister Zöllner den Erzherzog Rainer begrüßt und dieser die Vorstellungen entgegengenommen hatte, begaben sich die Herrschaften auf die vor dem Brunnen errichtete Estrade, wo Bürgermeister die Begrüßungsrede hielt.

Fünf Jahre sind verflossen, seitdem die Gemeindevertretung den Entschluss fasste, eine Wasserleitung und Kanalisation zu bauen .Kaum vor zwei Jahren wurde der erste Spatenstich zu diesen beiden großen Werken getan, und heute können wir mit Freude auf die in allen Teilen gelungene Ausführung derselben blicken. Mit dieser Errichtung reiht sich Baden nun in die gesündesten Städte Österreichs ein und somit kann die Beethovenstadt wachsen und gedeihen das damit gefördert wird.

Zum sichtbaren Zeichen der Erinnerung an dieses für die Entwicklung Badens so eminent wichtige Ereignis wurde über Anregung einiger Mitglieder des Wasserleitungskomitees der Beschluss gefasst, gemäß der testamentarischen Verfügung des verstorbenen Herrn Ritter von Straßern, einen monumentalen Brunnen zu errichten und nach dessen Fertigstellung mit der feierlichen Enthüllung desselben gleichzeitig auch die Eröffnung der Wasserleitung und Kanalisation festlich zu begehen, was umso mehr berechtigt erscheint, da heute nahezu der größte Teil der Häuser in Baden angeschlossen ist.

Der Erzherzog dankte und versicherte, dass er stets das wärmste Interesse an dem Aufschwung Badens genommen habe. Er freue sich denn auch, Gelegenheit habe, dem Fest beizuwohnen.

Nicht nur die Bürger, die Stadtvertretung, die Kurkommission, die heimischen Kreditinstitute, der Verschönerungsverein, all diese Spender haben dafür gesorgt, dass das Monument verwirklicht werden konnte.

Kassins Skizze wurde mit unwesentlichen Änderungen angenommen und endgültig in Ausführung gegeben. So steht nun nach kurzer Arbeitsdauer der schöne Undinebrunnen vor uns, ein Zeugnis gebend von dem edlen Sinn der Spender und der Tüchtigkeit des Künstlers.

Bürgermeister Zöllner drückte dem Komitee seinen Dank für die aufopfernde Arbeit und Mühe aus und versprach, den jetzigen und künftigen Bedacht seitens der Stadtgemeinde auf das Werk zu nehmen,

Auf das Zeichen des Bürgermeisters fiel die Hülle, die den figuralen Teil des Brunnens deckte,, worauf der Männergesangsverein Baden unter der Leitung seines Chormeisters Fr. Kohlert den Beethoven Chor „Die Ehre Gottes“ mit Instrumentalbegleitung vortrug. Für den Erzherzog war der Brunnen großartig. Auch dem Chormeister sprach er seine Gratulation für den schönen weihevollen Chor aus. Dieser so allgemein beliebte Erzherzog Rainer, der überhaupt ein besonderer Schätzer der Kunst Meister Kassins war, unterließ es bei seinen morgendlichen Ausritten niemals, in den Park hineinzureiten und hoch zu Pferd einige Minuten vor der Poesie reichen Steindichtung Kassins zu verweilen. Es war ein glücklicher Gedanke des Künstlers, sich dieses Märchens zu erinnern und das Motiv für eine Brunnenkomposition zu wählen. Der Künstler steigert die Katastrophe in seinem Werk zu einem drastischen Effekt, indem er den wilden Kühleborn selbst, den er in bizarrer Originalität zu gestalten verstand, von unten her das Brunnenbecken sprengen lässt. Dazu kommt eine förmliche Wasserrevolte; alles mögliche Getier drängt sich hinauf, dazu frei erfundene, phantastische Mischformen und eine sich ringelnde Schlange. Mäuler gibt es da genug, um das Wasser abfließen oder in die Höhe spritzen zu lassen. Das wechselnde Spiel dieser Ergüsse und Wasserstrahlen für die malerische Brunnenwirkung von entscheidender Bedeutung, ist trefflich angeordnet und dabei mit glücklicher Vermeidung des einförmig Absichtlichen.

Hinterbrühl
Alois Schumacher,Österr.Ill.Zeitung
Klagenfurt
Fam. Suppan,Österr.Ill.Zeitung

Diese untere Partie etwas derb ausgerichtet, ruft auch nach einem derben Material und das ist in diesem Fall der Margarethner Sandstein; die obere , die idealere Hälfte des plastischen Aufbaues besteht aus Carrara Marmor Über eine Wassersäule aus welcher die Halbfiguren von Nixen im Relief hervorquellen.steigt Undine hinan, in Wasser umfließenden Gewandung.eine fein und schön modellierte Gestalt, ergreifend im Ausdruck des schönen Antlitzes und in der schmerzvollen Gebärde der empor gehobenen Arme. Das Wasserspiel ist wieder in der Anordnung vortrefflich bedacht; es steigt in den Höhenstrahlen nur bis zu den Füßen Undines und bildet wie ein zerstäubender Schleier eine natürliche Ergänzung zu der gemeißelte Wassersäule.

Nach der Undine Brunnen Einweihung fand im Kurhaussaal ein Bankett statt an dem 120 Geladene teilnahmen. Bildhauer erscheint, war mit der Arbeit in der Hofburg fertig geworden und konnte wenigstens an dem Fest teilnehmen. Bei seinem Eintritt wird der Künstler mit Bravo Rufen empfangen.

Bettina Pavillon
Krankenpflege,Österr.Ill.Zeitung
Hofburg
Victoria-Attika,Interessante Blatt

Im Dezember 1929 feierte Josef Kassin sein 50.jähriges Künstlerjubiläum, Bis zu seinem 15. Lebensjahr war er als Bauernsohn in der Wirtschaft seiner früh verwitweten Mutter tätig. Ein Klagenfurter Realschullehrer entdeckte das große Talent des Buben. Kassin besuchte in Klagenfurt einen Modellierkurs und seine Modelle erregten die Aufmerksamkeit der beiden Wiener Bildhauer Kundmann und Böhninger und genoss bald darauf in der Akademie der bildenden Künste in Wien eine sorgfältige Ausbildung. Den Großteil seiner Werke findet man in seiner Heimat Kärnten. Aber auch in Wien und Niederösterreich hat er viel bewunderte Kunstdenkmäler hinterlassen, so die wunderbare Kaiserbüste im Staatsarchiv, zu deren Ausführung der Kaiser Franz Joseph selbst Modell gesessen ist, das Denkmal für Baronin Bettina Rothschild, „Pflege“ , beeindruckt tief im Bettina Pavillon des Kaiserin Elisabeth Spital, die mächtige Marmorstatue „Cincinnatus“ im Parlament, die „Flora“, eine Bronze Monumentalstatue kleinen Formates, Grabdenkmäler, die einzige Kriegsarbeit „Das Mädchen von Nawaruska labt einen Verwundeten“ und der vor allem großartige Undine Brunnen. Ein weiteres Kunstwerk aus Kassins Meisterhand befindet sich in inmitten einer kleinen Gartenanlage auf dem Theaterplatz vor dem Badener Stadttheater, der bekannte Erato Brunnen, mit der Bronzestatue der Leier spielenden Muse Erato. Dieses Kunstwerk spendete Altbürgermeister Zöllner im Jahr 1912 der Stadt Baden.

Helenental
Beethoven Denkmal,Österr.Ill.Zeitung
Kassin
Erzherzog Friedrich,Österr.Ill.Zeitung

Im schönen Helenental befindet sich das ausgezeichnete Beethovenreliefs, das bald einem Diebstahl zum Opfer gefallen wäre, und nicht auf den Wasserspeier im Garten des Barons Lasser und nachmaligen Besitzers von Grimburg zu vergessen. Das sind all die Schöpfungen Kassins in Baden.

Weniger bekannt sein dürfte, dass der Künstler über Bitten des Kustoden der städtischen Sammlungen Dr. Walter Hermann dem Rollett Museum in munifizenter Weise Spenden zukommen ließ, die dort zur allgemeinen Besichtigung aufgestellt sind. Modelle beider Brunnenfiguren, sowie die Modellbüste Helene Schneeberger, ein Grabdenkmal der sterbende Schwan in der Hinterbrühl, ein Relief von Ferdinand Burg, das Modell zum Kaiser Franz Joseph Monument in Klagenfurt. Der österreichische Gendarm für den Landesverteidigungsminister Zeno Graf Welsersheimb und viele weitere sehenswerte Modelle. Korporal Schier wurde dadurch berühmt, dass ihn Kassin für ein Modell des Kaiserschützen auswählte und dieses Original erwarb der als Kunstmäzen bekannte Erzherzog Rainer.

Klagenfurt
Kaiser Franz Joseph,Österr.Ill.Zeitung
Klagenfurt
Kaiser FJ Denkmal,Nr.3, Kassin

Der junge Kassin hatte in der Bäckerstraße 1893 hier sein Atelier und quartierte sich in die unteren Räumen ein. 1894 musste er mit all seinem schwierigen Bildhauerhausrat in den ersten Stock ziehen, da sich unten die „Wiener Zeitung“ festsetzte. 1897 wurde der ehemalige Theatersaal so gründlich neu adaptiert, dass von den schönen Barockdetails überhaupt nichts übrig blieb, bis auf wenige Gegenstände die Kassin gerettet hatte und diese streng hütete. Einzug hielt das Landesverteidigungsministerium und später das Postsparkassenamt.

Die herrliche Landsknechtfigur, die dem Kaiser Franz Joseph außerordentlich gut gefiel, dass er einen Bronzeabguss in der Hofburg aufstellen ließ.

Auf dem Wiener Zentralfriedhof kann man das schöne Grabdenkmal der viel bewunderten Schauspielerin Geistinger, und zwei prachtvolle Figuren für das Grabdenkmal des Barons Wertheim von Kassin, antreffen.

Für seine schöne Bronzegruppe „Samson und Delila“ erhielt er 1885 den Rompreis. Damals hielt er sich 5 Jahre in Italien auf.

Kassin war ein Künstler der immer zur Arbeit aufgelegt war. Sie war sein Element. Trug sie ihm auch herzlich wenig Geld ein, er war wie ein Kind und verstand es nicht sich zu helfen, so lebte er einfach und hatte sein Auskommen. Er sah seinen Weg klar vor sich und folgte seinem Gewissen. Er freute sich über jede Anerkennung, etwa wenn die englische Zeitung „The Sphere“ den Undinebrunnen abbildete und besprach oder Kaiser Franz Joseph ihn besonders auszeichnete. Doch fiel ihm nicht ein, derartige Ehrungen je an die große Glocke zu hängen.

Er liebte gute Bücher; ernste und heitere, wie auch die Musik, spielte selbst Cello und sang. Als junger Mann hatte er seinen athletischen Körper gern sportlichen Übungen unterworfen. Liebte heitere Gespräche im Freundeskreis bei einem Glas Wein und erzählte von seinen Italien-Erinnerungen.

Über Josef Kassin wird in den heimischen Blättern reichlich berichtet. So wird seine innere und äußere Persönlichkeit in anziehender Weise skizziert und seinen jüngsten Arbeiten verdiente Würdigung zuteil. Man darf ihn nicht als einseitig betrachten, hat er doch auch ein starkes Verhältnis zur Musik, nur kennt man wenig von ihm in der Öffentlichkeit. Ist er doch ein ausgezeichneter Porträtist. Für den Burgbau in Wien hat er ebenfalls so manche Figur beigesteuert. Im Arbeitszimmer des Kaisers befindet sich der Landsknecht von ihm. Und viele neue Aufgaben harren seiner. Das Modell des Marburger Bürgermeister Andreas Tappeiner ist fast fertig.

1912 wird das Siechenhaus demoliert, in jenem Teil des alten Siechenhauses, der über Antrag des städtischen Bauamtes von der Demolierung ausgenommen wurde, wird in zwei großen hellen Räumen, die eigens adaptiert wurden, vorläufig das Kassin Museum untergebracht bleiben.

Zentralfriedhof
Marie Geistinger, Foto Graupp

Am 28. Mai 1924 stirbt Kassins Schwester Maria, die Liegenschaftsbesitzerin in St. Ruprecht, nach langem schwerem Leiden und war auch die Schwester der Kunstmalerin Therese Kassin im Haag; ihr Sohn ist der Fabriksbesitzer Richard Kassin.

Es nahte der 30. Dezember 1931, an diesem Tag verschied in einem Wiener Sanatorium der 75. jährige bekannte Plastiker und Bildhauer Josef Kassin. Am 4. Jänner 1932 wurde die irdische Hülle des Verblichenen nach feierlicher Einsegnung in der Dominikanerkirche in seine Heimat St. Ruprecht bei Klagenfurt überführt.

In der Kirche hatten sich zahlreiche Freunde und Verehrer seiner Kunst, Mitglieder der Künstlervereinigung mit ihrem Präsidenten dem akad. Maler Ranzoni und ein Landsmann des Verstorbenen, der akad. Bildhauer Gornik, eingefunden. Kärntner Vereine sowie die Kärntner Landesregierung waren ebenfalls anwesend.

Über den Kärntner Bildhauer Josef Kassin, Leben und Werk von Brigitte Ponta-Zitterer, entdeckte ich ein Buch, das gewiss sehr interessant sein wird.

QUELLEN: Badener Zeitung, 4. Juli 1903, S 3, 18. Dezember 1929; S 2, 9. Jänner 1932, S 2, 9. März 1912; S, 4, 8. Juli 1903, S 2, Kärntner Zeitung 31. Mai 1924, S 2, 17. Juni 1936, S 2, Danzers Armee Zeitung, 15. Mai 1931, S 5, Villacher Zeitung, 8. September 1912, S 6, Bilder Österr, Ill.Zeitung 28.Dez. 1913,S 23, S 24,S 25, S 8,Interssante Blatt 19. Dezember 1895, S 7, ANNO Österreichische Nationalbibliothek

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