MYRRHE#

Altertum bekannt
Myrrhe Harz

….und die Weisen aus dem Morgenland gingen in das Haus und fanden das Kindlein mit Maria, seiner Mutter, fielen nieder und beteten es an, öffneten ihre Schätze und opferten ihm Geschenke; Gold, Weihrauch und Myrrhe.....

Die drei wertvollsten Weihegeschenke, die zu den verschiedensten Riten der Verehrung der Gottheit dienten, sondern auch durch Mythos und Erfahrung bewährte kostbarste Arzneimittel, und sind es durch fast zwei Jahrtausende hindurch, die seit Christ Geburt verstrichen sind, geblieben.

Der Wert des Goldes ist allgemein bekannt. Aber welches hohe Ansehen die duftenden Rosenharze, Weihrauch und Myrrhe bei den orientalischen Völkern im Altertum besaßen, geht daraus hervor, welche Strapazen man damals auf sich genommen hatte. Tausende Menschenleben wurden geopfert, Karawanen und Schiffe im Kampf beraubt. Dort, wo man Weihrauch und Myrrhe transportierte, verlaufen die ältesten Handelsstraßen der Menschheit.

Der gebräuchliche Name Myrrhe kommt direkt aus dem Griechischen, wurzelt in dem alt semitischen „Murr“ und bedeutet „bitter“. Die Myrrhe das bittere Harz verschiedener Commiphora-Arten, die in Südarabien und Nordostafrika vorkommen, gehörte schon im frühen Altertum zu den Schätzen der Arabiafelix. Die Stadt der Aduliter an der Arabischen Südküste war bis in die Römerzeit hinein der bekannteste Stapelplatz des kostbaren Harzes.Bei Ägyptern, Hebräern, Phönikern, Syrern, Sumerern, Persern und anderen orientalischen Völkern des Altertums gehörten sie zum „heiligen Räucherwerk“. In Indien als Vola und in China als Mu-Yao war sie schon Jahrhunderte vor Christus bekannt. Myrrhe wurde aber auch immer vielseitiger als Olibanum zur Bereitung von Arzneimitteln herangezogen.

Die Einbalsamierer Ägyptens konservierten mit ihrer Hilfe das Fleisch der Mumien. Myrrhen Salben dienten der Hautpflege, Myrrhenöle zur Haarpflege, beide aber zur Heilung kranker oder verletzter Haut. Myrrhenharz wurde im antiken Griechenland zur Weinkonservierung verwendet, denn es ist nicht anzunehmen, dass das Harz als Gewürz zur Geschmacksverbesserung dem Wein zugesetzt wurde. Allerdings hat sich der Brauch, dem Wein Harz zuzusetzen, bis heute erhalten. Der in Griechenland mit Kiefernharz behandelte und „Retsina“ benannte Wein wird von der Bevölkerung jedem anderen vorgezogen.

Zahlreiche Rezepte griechischer Ärzte, die erhalten sind, an deren Zusammensetzung Myrrhe mit dabei war. Berühmt waren die Sphrsgis-Pillen des Arztes Polyides. Von Erasisstratos von Julis, der 304 bis 257 v. Christus Medizin in Alexandria in Ägypten lehrte, ist ein interessantes Augencollyrium überliefert: 180 geröstetes Kupfer, 90 gerösteter Schwefelkies, 90 Myrrhe, 45 Safran, Misce zu einer Einreibung von Honigdicke.

Myrrhe gehörte auch zu den wertvollen Heilmitteln, die Seleukos Kallinikos II., König von Syrien, 243 vor Christus, zusammen mit Olibanum, Cassia und Costus dem Apollo von Milet spendete.

Auch die römischen Ärzte schätzten Myrrhe als Arzneimittel sehr hoch ein, im „Arzneischatz“ des Aulus Cornelius Celsus ist Myrrhe an bevorzugter Stelle Stelle angeführt. Interessant ist das Schicksal der Myrrhen haltigen Pillulae Rufii. Sie sollen nach dem römischen Bürger, dem Arzt Menius Rufus aus Ephesus, benannt sein. Sie bestanden aus Myrrhe, Aloe und Krokus. Rufus lebte zur Zeit Kaiser Trajans zu Ende des 1., nachchristlichen Jahrhunderts. Seine Pillulae Rufii waren aber noch zu Beginn des 17. Jahrhunderts als Allheilmittel in Gebrauch und sollen während der Pestepidemie 1652 in Polen viele Menschen vor dem Schwarzen Tod bewahrt haben.

In den Zolllisten in Alexandria aus der Zeit Kaiser Marcus Aurelius und Commodus, erhalten, in denen als wertvolle indische Einfuhr Drogen unter dem Namen „Smyrna“ Myrrhenharze angeführt werden.

Heilpflanze
Myrrhezweig mit Blüten

Die noch heute verbreitetste Arzneiform des Harzes, die Tinctura myrrhae findet Verwendung zum Verbinden böser eiternder Geschwüre und schlecht heilender Wunden.

Über die Myrrhe, die in Verbindung mit dem Weihrauch in der Biebel eine bedeutende Rolle spielt, erschien kürzlich ein Aufsatz in den von der Verwaltung der königlichen Gärten in Kew bei London herausgegebenen Bulletin. Es gibt verschiedene Sorten von Myrrhen, die einen in Afrika, die anderen in Arabien. Die afrikanische Myrrhe rührt von einer Palme her. Balsamodendron Schimperi. Die arabische Myrrhe, von der es außerdem zwei bis drei Sorten in den verschiedenen Gebieten des Landes gibt, ist bereits von dem berühmten Afrika Reisenden Schweinfurth studiert worden. So kommt man zu dem Schluss, dass die „Myrrhe“ des alten Testamentes keine „Myrrhe“ war. Das hebräische Wort mor bedeutet nämlich Balsam; während die Myrrhe ein fester und kaum aromatischer Körper ist, muss man unter dem Balsam der Juden eine wohlriechende Flüssigkeit verstehen. Die Verwechslung entstand, dass im Arabischen die Myrrhe mit dem Wort morr bezeichnet wird. Der Balsam stammt übrigens von der Palme Commiphora opobalsamum.

Nach Schubert wird die Myrrhe, der Myrrhensaft, von den Myrrhenbäumen gewonnen (Amyris cataf), einem etwa 3 Meter hohen, der Akazie gleichend, mit Dornen versehenen Baum, der besonders in Arabien einheimisch ist. Aus demselben dringt im Frühling und im Herbst von selbst ein weißer, wohlriechender, harziger Saft hervor, der zu Gummi gerinnt und schon im höchsten Altertum wegen seiner Heilkraft und seines Wohlgeruches sehr geschätzt war.

A. Tschirch weiß zu berichten, dass Räucherungen sehr alt und alle Völker Altertums – Ägypter, Araber, Juden, Inder, Chinesen auch Griechen und Römer beteiligten sich daran. Die Ägypter räucherten dreimal der Sonne.

In das Abendland drang die Sitte des Räucherns mit Weihrauch und Myrrhe erst zur Zeit des Zuges Alexanders des Großen. Im XI. Jahrhundert n. Chr., waren Räucherungen mit echter Myrrhe auch bei Gottesgerichten vorgeschrieben. Während im katholischen Kultus das Räuchern mit Weihrauch bis auf den heutigen Tag beibehalten wurde. Außer den genannten kamen noch in Verwendung hinzu: Aloeholz, Storax, Benzoe, Ladanum um nur einige zu nennen.

Erst viel später wurden diese Räuchermittel auch als Heilmittel entdeckt. Mit Ausnahme des Nordens von Europa machten im Altertum alle bekannten Völker bei ihren Gottesverehrungen von den Räucherungen Gebrauch. Besonders aber in den ersten Jahrhunderten nach Christi Geburt muss der Bedarf an Drogen enorm gewesen sein und sie fanden auch einen anderen Verwendungszweck. Schär hat die Räucherungen als die antike Form der Desinfektion bezeichnet und es leuchtet ein, dass der stets teerhaltige Rauch durch einen Gehalt, besonders an Phenolen, desinfizierende Eigenschaften aufweist. Dadurch wurde auch in den Tempeln wo viele Menschen zusammenkamen, zweifelsohne eine Ansteckungsgefahr verhindert.

Eine weitere Verwendung dieser Drogen finden wir auf dem Gebiet der Einbalsamierungen der Leichen. Meister in dieser Hinsicht dürfen die Ägypter genannt werden, die nach Entfernung der Eingeweide die Körperhöhlen mit Dattelwein wuschen und dann mit Cassia und Myrrhe füllten, Weihrauch wurde dazu nicht verwendet, denn dieser war nur für die Götter bestimmt. Mitunter wurde auch Zedernöl benutzt und gekocht. Die Dämpfe mit Wolle aufgefangen und in die Öffnungen eingefüllt. Eine weitere Methode war die Körperhöhlen der Leichen mit Asphalt auszugießen.

Beim Leichenbegängnis des Herodes trugen 500 Diener Würzstoffe der verschiedensten Art nach. Eine außergewöhnliche Art der Einbalsamierung war das Einlegen in Honig, das bei den Assyrern Brauch war. Diese Vorgangsweise ist nur mehr in Burma üblich.

Da die Bemerkungen über die Myrrhe in dem „Admiralitäts-Handbuch für wissenschaftliche Forschungen , 1859 und 1871“ nicht ausreichend waren, beschloss Hanbury in einem eigenen Artikel darüber zu schreiben.

Die Myrrhe ist ein Gummiharz, welches aus dem Stamm eines kleinen Baumes oder Strauches ausfließt, der in den heißen und trockenen Gegenden am südlichen Ende des roten Meeres wächst. Nun stellte es sich heraus, dass der Baum den Botanikern völlig unbekannt ist.

In den Jahren 1820 bis 1826 besuchte der deutsche Forscher Ehrenberg die Küstenländer des roten Meeres und unter anderen Plätzen auch Ghizan, eine Stadt oder Dorf an der arabischen Küste, gegenüber jener Gruppe von Inseln, die als Farsan Archipel bekannt sind, etwa 300 englische Meilen nördlich der Straße von Bab el Mandab. Hier und auf den benachbarten Bergen von Djara und Kara, entdeckte er Myrrhenbäume welche das Unterholz eines Waldes von Akazien, Moringen und Euphorbien bilden. Von diesen Myrrhenbäumen sammelte der Forscher sehr schöne Myrrhe. Ebenso nahm er Herbarium Exemplare mit, welche der Botaniker Nees von Esenbeck unter dem Namen Balsamodendron Myrrha beschrieb und abbildete.

Einige Jahre später fand Dr. Otto Berg in Berlin nach einer neuerlichen Untersuchung heraus, dass Ehrenbergs arabischer Myrrhenbaum zwei ganz verschiedene Arten angehört, der eine von Nees Esenbeck. Berg gab der neue Spezies den Namen B Ehrenbergianum.

Woher kommt aber die Myrrhe? Vaughan, welcher 1852 Hafenarzt in Aden war, weiß zu berichten dass an der Südküste Arabiens gesammelt werde. Die Muster die er gesehen waren von einer anderen Spezies, darum der Aden Myrrhenbaum bei den Botanikern gänzlich unbekannt blieb. Das Somali Volks sammelt sie und bringen sie dann in eine Handelsstadt 175 Meilen südwestlich von Zeila. Harrar wurde im Jahr 1855 von Bourton besucht, welcher diesen Ort als das große „Halbewegshaus“ für die Produkte von Efat, Gurague und den Galla Ländern bezeichnet. Die Droge wird auf den großen Markt Berbera, angeboten und von den indischen Kaufleuten aufgekauft und nach Aden und Bombay verschifft.

Cruttenden, welcher die Somali Küste im Jahr 1843 bereiste und später assistierender politischer Agent in Aden war, berichtet, dass Myrrhe von Wadi Nogal, einem am indischen Ozean, südlich vom Cap Gardafui, ausmündenden Tal und von den daran grenzenden Distrikten Ogahdem. Murreyhan und Agahora gebracht werde.

Ob die in diesen Distrikten des Somali Landes gewonnene Myrrhe die echte, oder eine andere Sorte sei, welche von den Arabern Bisa-ból genannt die in Indien und China verbraucht wird, ist eine offene Frage.

Eine Autorität behauptet, dass zwischen Tajura und Shoa liegenden Gegend Myrrhe gewonnen werde. Sir Harris bezeichnet als weitere Standorte des Gewächses die Wüste Adal, den Distrikt Hawasch und die Grenze von Efát. Daraus geht hervor, dass es vier produzierende Distrikte gibt, und es werde mit drei Arten von Myrrhe gerechnet. Hier scheinen die Myrrhebäume niedrig und unansehnlich , dornig, dürftig beblättert mit kleinen Blüten und Beeren zu sein.

Myrrhe die schon seit Menschengedenken und somit eine lange Tradition genießen, auch unter „Tränen des Myrrhe Baumes“ bekannt, erfreuen sich nach wie vor großer Beliebtheit und sind wie bereits im Altertum vielfältig verwendbar., als Heil- und Schönheitsmittel. Deshalb wurde sie auch zur Arzneipflanze des Jahres 2021 gewählt.

QUELLE: Pharmazeutische Post, 1. Juni 1874, S 5, Österr. Apotheker Zeitung 5. Jänner 1963, S 6, Vorarlberger Landeszeitung 19. November 1896, S 3, Drogisten Zeitung, 20.April 1917, S 7. Salzburger Chronik, 11. Jänner 1905, S 1, ANNO Österreichische Nationalbibliothek

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