LUDWIG PURTSCHELLER#

Alpinist
Ludwig Purtscheller

„Wie ein kalter drückender Nebel um das Sonnengold eines Gipfels, so legt sich der Schatten eines erschütternden Ereignisses vor die Erinnerung an herrliche, glanzvolle Tage. Plötzlich und unvermutet ward er aus unserem Kreise gerissen und ich – empfinde seinen Verlust auf das bitterste“. Mit diesen warmen Worten gedenkt Ludwig Purtscheller in einem Aufsatz über „Die Meíje“ seines in der Blüte der Jahre bei einer Bergfahrt verunglückten Freundes Emil Zsigmondy. Heute nach drei Lustren, dürfen wir diese Worte auf Purtscheller selbst anwenden-

„Wie ein kalter, drückender Nebel“ legte sich auch uns die Nachricht auf die Seele, dass Ludwig Purtscheller am 3. März 1900 fern von Gattin und Töchterchen, fern von seinen Freunden, und fern von der Heimat, in Bern verschieden sei, verschieden, nachdem uns kaum die Nachricht von seiner Genesung, von seiner Wiederkehr in die Heimat erfreut!

Lange Monate war er abwesend gewesen, seit ihm ein trauriger, in seinen Einzelheiten noch nicht genug aufgeklärter Unfall am 25. August 1899 bei einem Abstieg vom Grand Dru in der Montblanc Gruppe den rechten Arm zerschmettert. Erst in Genf und dann in Bern hatte es aller Kunst der Ärzte bedurft, den schweren Fall zu heilen. Am 9. März wollte er wieder in Salzburg sein, am 7. kam er an, als – stiller Mann. Die in Bern herrschende Influenza hatte ihn ergriffen und entwickelte sich zu einer Lungenentzündung. Auch diese hatte den kritischen Punkt überschritten, da stand plötzlich sein Herz still, sein edles, gutes Herz, das so freudig geschlagen für die Seinen, für sein Vaterland, für die Freunde, für die Menschheit, für die Alpenwelt!

Purtscheller ist nur 50 Jahre alt geworden, sah jedoch viel jünger aus.

Am 6. September 1849 hatte er in Innsbruck das Licht der Welt erblickt. Sein Vater war Steuereinnehmer in Wilten. Von 1862 bis 1867 besuchte er die Realschule in Innsbruck und in Rovereto. In den Jahren 1868 bis 1872 war er Korrespondent der Bleiberger Bergwerksgesellschaft und Turnlehrer des Turnvereins in Villach. Im Jahr 1873 bildete er sich in Graz durch den Besuch der landwirtschaftlichen und Vereins-Turnschule, sowie anatomischer Vorlesungen für das Turnlehramt aus, und legte im September 1873 seine Prüfung vor der Prüfungs Kommission für das Lehramt des Turnens an Mittelschulen und Lehrerbildungs Anstalten in Graz ab. Mit Zeugnis vom 4. Oktober 1873 wurde er als zur Erteilung des Turnunterrichtes in ausgezeichneter Weise befähigt erklärt. Im gleichen Jahr übernahm er eine Stelle als Turnlehrer an der k.k. Oberrealschule und der Lehrerbildungs Anstalt in Klagenfurt, von wo er auf sein Ansuchen mit Dekret vom 3. Oktober 1876 an die k.k. Lehrerbildungs Anstalt in Salzburg übersetzt wurde. In dieser Stellung verblieb er seitdem, erteilte auch Turnunterricht am k.k. Gymnasium; an diesem lehrte er auch einige Jahre hindurch Kalligraphie. Im Salzburger Turnverein war er ebenfalls als Lehrer hervorragend tätig.

Seine Militärjahre diente er bei dem Kaiserjäger Regiment und bei den Tiroler Landesschützen ab, in deren Stand er mit Patent vom 27. Dezember 1879 zum k.k. Leutnant ernannt wurde. Schon in Klagenfurt hatte er an der k. k. Oberrealschule mit vorzüglichem Erfolg Unterricht in Stenographie erteilt. Vor der k. k. Prüfungs Kommission für das Lehramt der Stenographie an Mittelschulen in Wien legte er auch aus diesem Fach Prüfung ab und wurde mit Zeugnis vom 25. Juli 1877 als zur Erteilung des Unterrichtes in Stenographie vorzüglich befähigt approbiert.

Bergsteige
Purtscheller inmitten

Sofort nach seiner Anstellung in Salzburg trat er der Sektion Salzburg des Deutschen und Österreichischen Alpenvereins als Mitglied bei; das Vertrauen seiner Vereinsgenossen wählte ihn oftmals in den Sektions Ausschuss, wo er am Gedeihen der Sektion mit Eifer und Hingebung arbeitete. Außerdem war er Mitgründer und Mitglied des Alpenklub Österreich, Mitglied des Schweizer Alpenklub und des Alpine Klub von London.

In Salzburg begann er seine fortgesetzten Bergbesteigungen, die ihn zuerst mit den Ost- , dann mit den West Alpen vertraut machten. 1883 war er zum ersten Mal in der Schweiz, die er nun fast jedes Jahr besuchte. Er drang in die unbekanntesten Täler und bestieg Spitzen, die noch selten oder nie eines Menschen Fuß betreten. Seine Bergfahrten führten ihn bis an die äußerste Südwestgrenze des Alpengebietes, die Seealpen, die vor dem kein deutscher Alpenforscher betreten. Im Jahr 1889 lud ihn Dr. Hans Meyer in Leipzig zu einer Expedition zur Erforschung der höchsten Erhebungen des äquatorialen Afrika ein. Das k.k. Ministerium für Kultus und Unterricht gewährte ihm dazu einen einjährigen Urlaub. Er wurde mit einer solennen Abschiedsfeier beglückt. Nach seiner Rückkehr von der Reise, die durch die gelungene Besteigung des 6010 m hohen Kilimandscharo vom herrlichen Erfolg gekrönt war, hielt er am 2. Dezember 1890 in Salzburg einen Reise Vortrag an der die Spitzen der Gesellschaft mit ihrer Anwesenheit beehrten.

Im Sommer des Jahres 1891 unternahm er mit Gottfried Märzbacher eine Reise in den Kaukasus dessen höchsten Gipfel er erstieg. 1894 befiel ihn eine schwere typhöse Krankheit, man bangte bereits um sein Leben, doch er erholte sich davon wieder.

Am 5. Oktober 1895 vermählte er sich mit Fräulein Hedwig von Helmreichen und genoss nun die Reize des Familienlebens nachdem ihnen eine Tochter geboren wurde. Wie jeden Sommer fuhr er in die Schweiz.

Ohne die akademische Laufbahn zurückgelegt zu haben, erwarb er sich durch zähen Fleiß Kenntnisse in zahlreichen Bereichen. . So konnte man ihn als einen geographischer Forscher und Schriftsteller bezeichnen, der sich auf dem umfangreichen Gebiet der Geographie, Geologie, Botanik, Kultur- und politische Geschichte, Entdeckungen, ein außergewöhnliches Wissen aneignen konnte. Schrieb Beiträge über all die faszinierenden Berggruppen für zahlreiche Fachzeitschriften und in mehrbändigen Bücher die in einigen Auflagen erschienen. Sein Stil zeichnete sich durch Schwung und Feuer aus, der dann gelassener wurde. Der Alpinismus war ihm zur Wissenschaft geworden. Als Bergsteiger war er ausdauernd und kühn, trotzdem vorsichtig. Ständige Leibesübungen hielten seinen Körper geschmeidig, seine Lebensweise war bescheiden und einfach. Über seine Reisen oder Reisepläne hielt er sich sehr zurück und gab nicht viel preis. Er liebte führerlose Touren, und war daher meist allein unterwegs

Salzburg
Begräbnis

.Am 11. März 1900, einem herrlichen Vorfrühlingstag, ein Sonntag, wo die schneebedeckten Berge im Glanz der Sonne erstrahlten wurde Ludwig Purtscheller von Tausenden zur letzten Ruhestätte begleitet.

QUELLE: Fremden Zeitung 17, März 1900, Seiten 5, 6,7, Dr. H. Widmnn, BILDER: Radio Wien , 8.Dezember 1933 S.5. Fremden Zeitung 17. März 1900 Seite 6 und 7, ANNO Österreichische Nationalbibliothek

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