LEOPOLD VON LILIENTHAL#

Stifter
Leopold von Lilienthal

1886: Zur Feier des allerhöchsten Namensfestes Sr. Majestät des Kaisers hat Herr Leopold Freiherr von Lilienthal, Römischer Graf, 1200 Gulden zur gleichen Verteilung gewidmet: den Frauen vom Guten Hirten, dem Mädchen-Waisenhaus und den Mädchen Asylen des katholischen Frauenvereines, dem Paulinum, Vinzentinum, Leopoldinum, den Knaben Asylen in der Karlau, Münzgraben und St. Leonhard, und den Schulschwestern in Schladming, Gröbming und Mautern.

Die Büste des Römischen Grafen Freiherrn von Lilienthal, die vom Professor Trimmel für das Vinzentinum angefertigt und am 10. Oktober 1886 feierlich übergeben werden soll, ist von morgen an in einem Schaufenster des Unternehmers Philipp Haas und Söhne im Landhaus ausgestellt.

Die Erziehungsanstalt Vinzentinum das 1872 als erstes Knaben Asyl gegründet, feierte man im Oktober 1886 ein erhebendes Fest das jenem Mann galt, dessen großartiges, wohltätiges, Menschen freundliches Wirken, das kaum erschöpfend in Worte fassen lässt, nämlich dem Protektor des Vinzentinums Leopold Freiherrn von Lilienthal Römischer Graf, die von Prof. Robert Trimmel angefertigte bei dieser Gelegenheit in das Eigentum der Anstaltsleitung übergeben wurde.

Die Aufstellung der lebensgroßen Büste im Anstaltsgarten und Übergabe derselben war Gegenstand des sogenannten Dankesfestes zu dem die Prominenz des öffentlichen Lebens geladen, sowohl auch von den diversen Wohltätigkeitsanstalten sich eingefunden und gekommen sind. Darunter eine Deputation des uniformierten Bürgerkorps dessen Oberst Freiherr von Lilienthal ist.

Lilienthals Großzügigkeit kannte keine Grenzen so spendete er für das Haus der Barmherzigkeit in Kainbach 100.000 Gulden, zum Bau der Herz Jesu Kirche in Graz trug er 66.000 Gulden bei, 30.000 Gulden für das Knaben Seminar in Bosnien, 28.000 Gulden für das Priester Spital in Graz, 25.000 Gulden für die Lehranstalt Leopoldinum in Algersdorf, 21.000 Gulden für die Renovierung für die Nuntiatur in Wien, 15.000 Gulden für die Renovierung des Mausoleums in Graz, 18.000 Gulden für den Bau der Herz Jesu Kapelle im Paulinum, 10.000 Gulden zum Bau eines Mädchenpensionates der Ursulinerinnen in Graz, 25.000 Gulden zum Bau des Karmeliter Klosters in Graz, bei 30.000 Gulden für das Vinzentinum und die Knaben Asyle Karlau, Münzgraben und St. Leonhard, 15.000 Gulden dem Spital der Barmherzigen Brüder in Graz anlässlich der Vermählung des Kronprinzenpaares, zur Geburt deren Tochter gab es ebenfalls eine Spende. von 10.000 Gulden an humanitäre Anstalten.

Es ist wohl selbstverständlich dass das großartige humanitäre Wirken des Herrn von Lilienthal nicht nur bei der Bevölkerung Anklang fand, sondern alsbald auch zur Kenntnis der Regierung und Sr. Majestät des Kaisers gelangte. Der Kaiser verlieh dem unermüdlichen Wohltäter in Anerkennung des vieljährigen verdienstvollen Wirkens, besonders für das Schulwesen, das Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens, dann in Anerkennung der Werke der Wohltätigkeit den eisernen Kronen Orden, und erhob Herrn von Lilienthal im Jahr 1886 für dessen fortgesetztes patriotisches und humanitäres Wirken in den österreichischen erblichen Freiherrenstand. Auch der Papst zeichnete ihn mit dem Ritterkreuz des Christus Ordens aus, welches in der Regel nur Personen fürstlichen Geblütes verliehen wird, den Titel eines Römischen Grafen und die Würde eines geheimen Kämmerers, das Großkreuz des Ordens zum heiligen Grab in Jerusalem, das Kommandeurkreuz des Pius- und St. Silvester Ordens, das Ritterkreuz des Ordens Gregor des Großen.

Die Verleihung des „Römischen Grafen“ hatte Kaiser Franz Joseph nicht anerkannt.

Der Mann der heute 30. November 1889 seinen letzten Atemzug getan, gehörte zu den größten Wohltätern der Armen, und der Ruhm den er sich dadurch erworben, wird selten von jemanden erreicht.

Die Familie stammt aus Wien, wo der Großvater Garde-Rittmeister der kaiserlichen Arcieren-Leibgarde unter Kaiser Franz war; sein Vater, Hofrat und Polizeidirektor in Graz und starb am 26. Februar 1850. Leopold der im angesehenen Klinkowström Institut gleichzeitig mit Hübner und Anton Auersperg, dann wechselte er in die Universität in Graz wo er die juridischen Studien mit ausgezeichnetem Erfolg vollendete. Einige Zeit arbeitete er im Bücher-Revisionsamt in Graz, doch im Jahr 1856 verließ der den Staatsdienst.

Ein besonderes Jahr wurde für ihn 1842, wo er das Fräulein Josefine von Eggenwald ehelichte, die aus einem alten und reichen Leobner Geschlecht, ihm geistesverwandt durch mildtätigen und religiösen Sinn. Die sonst glückliche Ehe blieb kinderlos und wurde durch den Tod der Frau am 2. Mai 1857 aufgelöst. Zehn Jahre später baute Lilienthal auf der ehemaligen Burgbastei das Haus Nr. 6, in dem er bis an sein Ende wohnte, das er aber schon vor mehreren Jahren dem Seckauer Domkapitel im Weg der Schenkung übergab.

Sein Privatleben ist ausgefüllt mit den Werken der Barmherzigkeit und der Unterstützung edler Zwecke. An Anerkennung fehlte es nicht. Staat und Kirche rivalisierten, den Mann des Wohltuns zu ehren. Die päpstlichen Orden besaß er fast alle, insbesondere auch den ersten derselben, den Christus Orden. Viele Auszeichnungen heimste er im Laufe seines Lebens ein.

Persönliche Vergnügungen suchte Leopold von Lilienthal selten; selbst den Theaterbesuch stellte er seit einigen Jahren ein. - Er empfing nur wenige Besucher, unter diesen den seines besten Freundes Msgr. Dr. Hebenstreit, der selbstlos dem alternden Herrn täglich eine Stunde widmete. Das brachte dem Dompfarrer den wenig angenehmen Gewinn, dass sich alle bei dem „Vater der Armen“ Hilfe suchenden zuerst an den im Wohltun selbst unermüdlichen Prälaten um „Fürsprache“ wendeten.

Er war schwer zugänglich, Briefe deren Schrift ihm unbekannt, wurden der Post ungeöffnet zurück gestellt; Bittstellern oder Fürsprechern, die sich persönlich einfanden und vorgelassen wurden, konnte er, egal welchen Standes und Ranges sie waren, sogar unangenehm werden, da er mit reizbaren Nerven ausgestattet war. Was, wofür und wie er gab, ist noch in jedermanns Erinnerung. Die Gesamtsumme, die er verschenkte, wird auf eine Million geschätzt.

Hauptsächlich unterstützte er jene Institute die sich mit Krankenpflege und Armenunterricht beschäftigten. Weniger, aber ausgiebig genug trug er zu Kirchenbauten bei, denn dadurch hatten Arbeiter und Handwerker Jahre hindurch eine Beschäftigung wie im Falle der Herz Jesu Kirche. Lilienthal hatte für die Bedürfnisse der von ihm bedachten Anstalten einen sehr richtigen Blick und keinen Fehlgriff machte

Die Aufbahrung des verstorbenen Vaters der Armen wurde in würdiger Weise im Prunkzimmer der Wohnung vorgenommen. An den schwarz ausgeschlagenen Wänden waren verschiedene Wappen angebracht, die Orden und andere Auszeichnungen lagen auf Kissen am Fußende des Toten. Das Antlitz zeigte einen freundlichen Ausdruck. Massenhaft strömten die Besucher an dem Aufgebahrten vorüber. Seine letzte Ruhe fand er auf dem St. Peter Friedhof in Graz neben seiner vor Jahren verstorbenen Gemahlin.

Schon wurde über das Erbe, über die Millionen diskutiert die der Verewigte eventuell hinterlassen oder testamentarisch verfügt hatte.

Am 1. Dezember 1889 Unter Intervention des Herrn Dr. Rintelen und des Herrn Notars Lenk wurde gestern vormittags das Testament eröffnet. Es war von eigenen Hand des Verstorbenen geschrieben. Universalerbe ist Fürstbischof von Seckau, welcher das Erbe zur freien Verfügung für wohltätige Zwecke im Sinne des Erblassers erhält. Größere und kleinere Legate sind für viele Institute, Vereine und einzelne Personen ausgeworfen.

Sämtliche Gebühren trägt der Verlass. Die Legate erreichen die Höhe 200.000 Gulden. Was wohl schon Manchem bekannt war, das Testament machte es zur Gewissheit, dass Baron von Lilienthal durch seine letztwillige Verfügung fortfährt den Armen nützlich zu sein; denn sein ganzes Vermögen widmete er den von ihm im Leben beförderten Zwecken. Hätten wird also dem verehrten Vater der Armen zwar noch gerne ein längeres Leben gewünscht, die von ihm unterstützten Institute, die Armen brauchen keine Sorge zu haben, soweit die Mittel reichen, wird für sie auch fortan gesorgt werden.

QUELLEN: Grazer Volksblatt 12. Oktober 1886, S 6, 3. Dezember 1889, S 1, 5. Oktober 1886, S 2, Linzer Volksblatt 6. Dezember 1889, S 3, Bild I.Ch.Graupp, ANNO Österreichische Nationalbibliothek

https://austria-forum.org/af/User/Graupp Ingrid-Charlotte/LEOPOLD_VON_LILIENTHAL

Zurück zur Übersicht über alle Beiträge