KIRCHENGRÜFTE#

Wie die Reichspost vom 20. Dezember 1932 erfährt wird die Erschließung der Grüfte fortgesetzt: In der Augustinerkirche wurden neuerlich neun Probelöcher gebohrt. Die Arbeiten, die von den bekannten Architekten und Baumeistern Schottenberger (Vater und Sohn) geleitet wurden, hatten insofern Erfolg, als man in der Nähe vom Hochaltar bis zur Koventgruft, die man unter der Kirche vermutete, vor stieß. Die Untersuchung der Gruft dürfte manches Interessante zutage fördern.

Wien
Minoritenkirche Sammlung Graupp

Auch in der Minoritenkirche hat man drei Grüfte gefunden, davon eine unter dm Hochaltar, eine andere beim Haupteingang. Diese dürfte als letzte Ruhestätte für die Mitglieder der Allerseelen-Bruderschaft bestimmt gewesen sein.

Oberrechnungsrat Entlicher, ein Meister in der Kenntnis österreichischer Grüfte, der durch ein verhältnismäßig kleines Loch in die eine Gruft hinunterstieg, fand dort Särge und Gerippe in bunter Menge. In dem Sarg der anderen Gruft entdeckte er verwest und morsch den Leichnam eines Priesters; dass es sich um einen Priester handelt, ergab sich aus den guterhaltenen Resten seiner Soutane. Ein anderer Sarg barg die Hülle einer Frau; ihre wundervollen Pantoffeln in grüner Seide mit beinahe modern anmutenden geschweiften Stöckeln waren tadellos erhalten. In der dritten Gruft ruhten durchaus Frauen, die alle, sei es nach einem damals vielleicht geübten Brauch oder zufälliger Weise, in grünen Seidenkleidern zur letzten Ruhe gebracht worden sind. Viele dieser Seidenkleider sind zu Staub geworden und was sonst noch als Seide erkennbar war, muss behutsam behandelt werden; denn ein festes Zugreifen – und die ganze Seidenherrlichkeit zerfällt unter den Händen in Staub und Asche. Sonderbar mutete die Beigabe in einem der Frauensärge an: ein noch deutlich erkennbarer grüner Papagei. Eine andere Leiche, die im Jahr 1725 in die Gruft gebracht wurde, zeigte deutlich die Spuren ihrer Sezierung; in einem anderen Sarg wieder trug die Tote eine gut erhaltende Perücke, die Oberteile der Leinenschuhe waren morsch, die Sohlen aber in gutem Zustand.

Die weiteren Forschungen werden noch manches bedeutsame Detail bringen, vielleicht auch den sagenhaften Gang von der Minoritenkirche in die alte Hofburg.

Quelle: Reichspost ÖNB

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