HEINRICH SCHLIEMANN#

Forscher
Heirich Schliemann

Aus Neapel langte am 26. Dezember 1890 ganz unerwartet die Nachricht ein, dass Heinrich Schliemann sprachlos auf der Straße aufgefunden wurde, und wenig Stunden darauf gestorben ist. Wie später zu erfahren, war Schliemann bis Donnerstag, obwohl sehr leidend, in guter Stimmung. Dann wurde er auf der Straße sprachlos aufgefunden, man brachte ihn in den Gasthof zurück, dort bekam er ein wenig Fleischbrühe. Seine Wünsche konnte er nur mehr mit Zeichen ausdrücken, dann verlor er das Bewusstsein. Seit Freitag Morgen verschlimmerte sich sein Zustand, da sich ein Geschwür im Gehirn gebildet hatte. Er litt auch an Bronchitis. Die Ärzte berieten was noch zu tun wäre, als die Krankenschwester ihnen meldete, dass Schliemann soeben verstorben ist.

Am Weihnachtsabend hatte Schliemann seiner in Athen weilenden Gattin telegrafiert, dass er sich nach einer neuen Kur unter Dr. Cozzolini weit besser fühle und beabsichtigte Dienstag nach Athen zu reisen. Frau Schliemann hatte nach der Todeskunde sofort ihre Reise nach Neapel angetreten.

Die Vorliebe der Kaiserin Elisabeth für die klassische Literatur und Geschichte der alten Hellenen ist allgemein bekannt. Bei dieser ihrer Neigung für das Studium der Sprache und der Kultur des griechischen Volkes ist es nur begreiflich, dass die Monarchin auch für die epochale Tätigkeit und großartigen Forschererfolge Schliemanns wiederholt das regste und verständnisvollste Interesse bekundete, und sich während dieser Zeit der trojanischen Ausgrabungen sich über das regelmäßige Fortschreiten der Arbeiten stets unterrichten ließ und selbst durch Studium diverser Fachlektüre über den jeweiligen Stand der Angelegenheit informierte. Dieser überaus lebhaften Teilnahme für die Ausgrabungen Schliemanns entstammte auch die zu Beginn des Jahres 1885 geäußerte Absicht der Kaiserin, die Stätten, welchen die Lieder Homers ewige Berühmtheit geliehen haben, persönlich zu besuchen. Dieses Vorhaben hatte die Kaiserin noch im selben Jahr ausgeführt. So war Kaiserin Elisabeth die erste europäische Herrscherin, welche den Boden Trojas betrat und dadurch auch jenen Mann ehrte, dem die moderne Geschichtsforschung zu großem Dank verpflichtet ist. Von Baron Nopcsa, der Hofdame Therese Landgräfin von Fürstenberg und dem Hofarzt Dr. Allmayer begleitet, trat die Kaiserin am 5. Oktober 1885 vom Schloss Miramar aus an Bord der kaiserlichen Yacht „Miramar“ die Fahrt nach dem Orient an. Am 15. Oktober ankerte die „Miramar“ um 7 Uhr morgens vor Jenikdi, von wo aus um die zehnte Morgenstunde die Expedition, der sich eine starke Abteilung türkischer Wachsoldaten und der österreichische Konsul angeschlossen hatten, sich gegen Troja in Bewegung setzte. Während die meisten Teilnehmer auf dieser interessanten Tour Maultiere und Pferde benutzten, legte die Kaiserin im heißesten Sonnenbrand den ganzen achtstündigen Marsch zu Fuß zurück. Die Touristen erstiegen zuerst ein Plateau wo sie den antiken Skamander träge seine Fluten dahin wälzen sahen und eine wunderbare Übersicht über die gesamte trojanische Ebene genießen konnten. Hier sahen sie die Reste des neben dem Skäischen Tor sich erhebenden Turmes in Augenschein genommen und sind dann zu dem von Schliemann als „Priamus Schatz“ getauften Fundort gezogen. Sie sahen die Überreste der Wohnstätte des Priamus, die Trümmer eines vollkommen freigelegten Athene Tempels aus Neu Ilion, die Grabhügel des Achilles und seines Intimus Patroklus besichtigt. Schließlich lenkte die Kaiserin auch nach jenen Stellen ihre Schritte, wo der Hügel des Ajax und in der Nähe von Bunarbaschi die Grabstätte Hektors gezeigt werden. Auf dem Rückmarsch nach Jeniköi ereignete sich eine seltsame Szene, deren Abschluss für das Wesen der Kaiserin überaus bezeichnend ist. Die mit etwas altmodischen Gewehren versehenen Herren von der türkischen Ehrenwache hatten auf den langen, ermüdenden Marsch Hunger bekommen, und da über den Häuptern der Expeditionsteilnehmer just eine große Schar wilder Gänse vorüberflog, zeigten die edlen Moslems nicht übel Lust, sich so einen Gänsebraten aus den Lüften zu holen. Auch vermeinten sie, mit dieser völlig improvisierten Jagd den hohen Reisenden ein ganz apartes und unerwartetes Vergnügen zu bereiten. Als die Kaiserin diese Absicht bemerkte, rief sie einem der Herren aus der Suite laut zu; „Zum bloßen Vergnügen sollten die armen Tiere doch nicht geschossen werden.“ Natürlich war es mit der Gänsejagd sofort vorbei..

Am 30. Oktober 1885 traf die Kaiserin von ihrer trojanischen Expedition wieder in Miramar ein.

Arzt
Dr. Friedrich Allmayer
Österreich
Kaiserin Elisabeth

Wer war Heinrich Schliemann der am 6. Jänner 1822 in Neubukow zur Welt gekommen war. Er war das fünfte Kind eines Pastors. Da sein Vater das Geld für den höheren Schulbesuch einfach nicht hatte, ging der Sohn in die Lehre eines Kaufmanns . Durch Heben eines schweren Gegenstandes, begann er Blut zu spucken, daher konnte er den Beruf nicht weiter ausüben und wanderte nach Hamburg aus. Ein Verwandter besorgte ihm eine Stelle als Kajütenjunge. Schon auf seiner ersten Fahrt an der holländischen Insel Texel schien er fast zu scheitern, doch ein Gönner schenkte ihm zwei Gulden, mit denen er fast zerlumpt, frierend und elend in Amsterdam ankam.Wieder nahm sich seiner ein Bekannter an, der ihm eine feste Anstellung in einem Handelshaus verschafft, mit einem Jahresgehalt von 800 Francs.

Die schulische Bildung die ihm sein Vater nicht bieten konnte, holte Schliemann nun nach, die Verschönerung des Schriftbildes, die modernen Sprachen, darunter auch Russisch. Zu dieser Zeit wohnte er in einer armseligen Dachkammer. Aber nichts spornt mehr zum Studieren an, als das Elend und die daraus erwachsende Aussicht, sich durch intensive Arbeit daraus befreien zu können. Er benutzte jede Sekunde zum Lernen, egal wo er sich gerade befand oder aufhielt. Außer englisch, russisch, verstand er noch holländisch, italienisch, spanisch und portugiesisch. Da er die russische Sprache beherrschte wurde er von seinem Chef nach Petersburg gesandt. Er verstand es, sich seinen Chef sehr nützlich zu machen, gleichzeitig nahm er die Gelegenheit wahr, auch eigene Geschäfte zu tätigen. Ein Jahr später ließ er sich in die Gilde der Großhändler aufnehmen.

Schliemann eröffnete ein eigenes Handelshaus auf dem Newski Prospekt und erwarb die russische Staatsbürgerschaft. In St. Petersburg logierte er im Palais des Grafen Sievers und konnte sich sogar einen Bediensteten leisten.

Kinder aus ärmeren Verhältnissen ohne höhere Schulbildung besitzen mehr Durchsetzungsvermögen, sind auf anderen Gebieten talentierter und raffinierter und erreichen vielleicht eher ein höheres Ziel. So musste auch Schliemann beschaffen gewesen sein.

Seine ersten Gewinne erzielte er auf eigene Rechnung mit dem Farbstoff Indigo und Tee für Russland und erwarb sich dadurch ein großes Vermögen. Sein Jugendtraum war Wirklichkeit geworden.

Trotz der vielen Arbeit und ständiger Reisen, lernte er nun auch die Sprachen schwedisch sowie polnisch und schließlich seine Lieblingssprache für die er schwärmte, griechisch.

Türkei
Hügel Hissarlik
Türkei
Trojanische Schatz
Türkei
Goldener Becher

Während des Krimkrieges musste er um seine Warenvorrat bangen, da alles niedergebrannt wurde. Zum Glück die Holzhütte in dem seine Waren lagerten, blieb verschont. Durch den Krimkrieg konnte er sich abermals bereichern, da er die zaristische Armee mit Großlieferungen von Munitionsrohstoffen versorgte und dabei geschickt die herrschende Seeblockade umging. 1855 wurde Schliemann an der Petersburger Börse als der erfolgreichste Kaufmann mit dem höchsten Umsatz von 1 Million Taler notiert.

Mit seinem Bruder Ludwig, der in Kalifornien nach Gold suchte hatte er regen Briefwechsel. Kein Wunder, dass ihn auch das Gold lockte. 1850 bis 1852 hielt er sich in Kalifornien auf , gründete eine Bank für Goldhandel in Sacramento und investierte in amerikanische Eisenbahnprojekte. Zurück nach Europa heiratete er am 12. Oktober 1852 in der Isaakkathedrale die russische Kaufmannstochter Jekaterina Petrowna Lyschina. Sie bekamen drei Kinder.

Im Jahr 1863 zog sich Schliemann mit riesigen Reichtümern gesegnet, vom Geschäft zurück. Als vielfacher Millionär holte er seine Bildung durch ausgedehnte Reisen in die verschiedenen Ländern nach.

Forschug
Mykene
Mykene
Goldenes Armband

1868 machte er eine Bildungsreise in die Welt der griechischen Antike., um endlich seine Sehnsucht zu stillen. Diese führt ihn an die Westküste Anatoliens, wo er drei Jahre später mit der Ausgrabung Trojas beginnen wird. Homer hatte es ihm angetan und er war der festen Überzeugung durch die geografischen Angaben in den Epen die längst vergessene Stadt zu finden.

Dass ein Mann ohne Fachbildung, kein Archäologe, kein Kulturhistoriker, nicht einmal ein Doktor, d. h., ohne Spur von akademischer Bildung es sich in den Kopf setzt, das alte Troja auszugraben.

Eine Begegnung mit Frank Calvert die er am 15. August 1868 infolge er den Dampfer nach Istanbul versäumte, hatte ungeahnte Folgen. Denn Calvert hatte jenen Hügel Hisarlik entdeckt, da seine Finanzen für weitere Ausgrabungen nicht ausreichten überließ er Schliemann die Suche nach Troja, Dieser nützt dessen Informationsquelle und gibt die Entdeckung Trojas als die seine später aus.

1868 reiste er nach Paris zurück wo er ein Buch über Ithaka, Peloponnes und Troja verfasste. 1869 reiste er nach St Petersburg und in die USA wo er am 29. März die amerikanische Staatsbürgerschaft annahm aus dem Grund um sich von seiner Frau scheiden zu lassen, errang am 27. April 1869 die Doktorwürde. In der Zwischenzeit hatte er sich aus den Fotomaterial griechischer Heiratskandidatinnen, die ihm sein Freund Erzbischof Theokletos Vimpos aus Athen besorgt hatte, sich für die 17 jährige Sophia Engastromenos entschieden die er am 24. September 1869 ehelichte. Die Hochzeitsreise führte sie durch Italien und einen Aufenthalt in Paris.Anfang 1870 waren sie wieder in Athen wo Schliemann sich eine Villa in Odos Mouson kaufte.

Athen
Schliemanns Villa

Nachdem Schliemann die Grabungslizenz erhalten hatte, begann er 1871 mit den Grabungen und schlägt in Hisarlik eine große Schneise, mit den Maßen 40 Meter lang, und 17 Meter Breite, die als Schliemann Graben in die Ewigkeit einging. Nun lernte er auch noch türkisch. Eine Tochter wurde ihnen geboren.

Griechin
Zweite Frau

Im Mai 1873 wollte Schliemann die Grabungen bereits einstellen, da der Erfolg den er sich erwartete nicht einstellen wollte. Doch dann leuchtete ihm ein kupferner Gegenstand entgegen. Nun wusste er, dass er einer Sensation auf der Spur war. Raffiniert wie er war, lenkte er die Arbeiter ab um mit seiner Frau die prunkvollen Schätze der Antike zu heben, den Goldschatz des Priamos, wie Schliemann den Fund nannte. Diese Kostbarkeit wollte er für sich haben und schmuggelte die Beute entgegen der Abmachungen mit der Regierung des Osmanischen Reiches außer Landes nach Berlin, wo er ihn dem „Deutschen Volk“ schenkt und zugänglich machte.

Vorerst hatte er sein Ziel erreicht, wurde in aller Welt anerkannt, auch in wissenschaftlichen Kreisen fand er endlich Anerkennung.

All das war nicht genug, er wendet sich nun Mykene zu. Sein Glück, auch hier wird er fündig. Eine prächtige mykenische Totenmaske aus Gold kam zum Vorschein und war der Meinung diese sei der Heerführer Agarmemnon.

Spät aber doch musste Schliemann erkennen, dass er nicht den Schatz von Priamos gefunden, sondern ein um 1250 Jahre älteren Schatz der Hochkultur die um das Jahr 2500 vor Christus lebte. Auch die Totenmaske ist nicht jene die er vermeinte.

Im Zweiten Weltkrieg fällt dieser Schatz der Roten Armee als Kriegsbeute in die Hände, hüllen sich in Schweigen. Allgemein galten diese Kostbarkeiten als verschollen, bis die russische Regierung die Verwahrung des Schatzes im Moskauer Puschkin Museum zugeben.

M 23. März 1891 traf Kaiserin Elisabeth mit Marie Valerie und Erzherzog Franz Salvator in Athen ein, und stattete der königlichen Familie einen Besuch ab. Nach dem Gegenbesuch des Königspaares, besuchte die Kaiserin die Akropolis und die Villa Schliemann.

Durch die Ausgrabungen und Publikationen des deutschen Archäologen Heinrich Schliemann, wurde Elisabeth in den Bann der Antike gezogen und entfachte wahre Begeisterung für Griechenland und Geschichte, ließ sich inspirieren von ihrem Lieblingshelden der Mythologie Achill, dem sie sich verbunden fühlte und dem sie ein Denkmal setzte, das Achilleion. Lernte Alt- und Neugriechisch, verfasste Gedichte und wandelte auf all den Spuren Heinrich Schliemanns.

Im Jänner 1891 fand unter großem Andrang Schliemanns Testamentseröffnung im Gerichtsgebäude in Athen statt. Die Erben seines Vermögens werden seine beiden in Petersburg lebenden Kinder aus der ersten Ehe und die beiden Kinder aus der zweiten Ehe in Athen. Die beiden Kinder in Petersburg erhalten zwei Häuser in Paris und je 50.000 Francs, außerdem erhält der Sohn aus erster Ehe eine Tabakplantage in Amerika. Die beiden Kinder aus derzeitiger Ehe Andromache und Agamemnon erben gleichfalls zwei Häuser in Paris und das ganze bewegliche und unbewegliche Vermögen mit folgenden Ausnahmen: Seine Gattin Sophia Schliemann erbt den Athener Palast mit allen den darin befindlichen archäologischen Sammlungen und Bibliotheken, von welchen Sammlungen jedoch die trojanischen Gefäße ausgenommen sind, welche Schliemann für Berlin bestimmt hat. Es sind das nur wenige Gegenstände und hierauf beschränkt sich mithin der archäologische Nachlass für die deutsche Reichshauptstadt. Die Gattin erbt ferner das Schliemann Haus in Berlin, dessen Wert sich auf 1,200.000 Mark beziffert. Seinem Stiefbruder ist ein Legat von 25.000 Francs und seinen beiden Schwestern ein solches von je 50.000 Francs ausgesetzt. Einem Jugendfreund in seinem Geburtsort hat der Verstorbene 2000 Francs vermacht, während für ein Patenkind in Athen 5000 Francs bestimmt sind. Der Direktor des Deutschen Institutes in Athen, Herr Dörpfeld, ist mit 10.000 Francs und sein Freund Virchow mit 20.000 Francs bedacht worden. Der Stadt Berlin hat er für ihre Wohltätigkeitsanstalten 5000 Francs überwiesen. Eine Dame aus seinem Geburtsort bedachte er mit 5000 Francs und drei Verwandte seiner zweiten Gattin mit je 15.000 Francs. Die Wohltätigkeitsanstalten Athens erhielten je 1000 Francs, die archäologische Gesellschaft in Athen ist mit 5000 Francs und der Sohn des Bankdirektors Herrn Streit mit 10.000 Francs bedacht worden. Seiner noch lebenden ersten Gemahlin, von welcher Schliemann seit 1869 geschieden war, hat er 100.000 Francs auszuzahlen befohlen. Die Einnahmen aus seinen Werken fallen an seine Kinder aus der zweiten Ehe.

Bemerkenswert ist der Passus, dass Derjenige seines Anteils an der Hinterlassenschaft verlustig gehen soll, welcher das Testament anfechten wird. Das Testament trägt das Datum des 10. Jänner 1889 und ist in griechischer Sprache abgefasst. Aus diesem Dokument ist zu ersehen, dass Schliemann ein Vermögen von weitaus über zwei Millionen Francs besaß, gewiss eine Summe deren Erwerb aus eigener Kraft durch einen einzelnen Mann höchst achtenswert ist.

QUELLEN: Bukowinaer Nachrichten, 11. Jänner 1891, S 3, Neues Wiener Tagblatt, 29. Dezember 1890. S 2, Mährisches Tagblatt, 14. Dezember 1891, S 1. BILDER: Illustrierte Zeitung 24. März 1877, S 5,Heim Östrr. Kultur Chronik, 15. Jänner 1891, S 3, seine Frau. Ill Wiener Extrablatt, 27. Jänner 1877, S 1, Ill Zeitung, 7. Februar 1875, S 12,Schmuck und goldene Becher Neue Ill Zeitung, 4. Mai 1890, S 8 und 9,Mykene Dillinger Reise Zeitung, 1. Februar 1903, S 7,Goldenes Armband, Neue Ill Zeitung, 4. Mai 1890, S 8,ANNO Österreichische Nationalbibliothek

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