EIN GLÜCKLOSES THEATER#

demoliert
Bürgertheater

Die Geburtsstunde des Privattheaters war der 7. Dezember 1905. Das Theater wurde in der unglaublichen Zeit von 6 Monaten nach Plänen der Architekten Baron Kraus und Josef Tölk errichtet. Die Baumeister waren Barak und Czada.

Der Neubau befand sich an einem der zentralen Punkte Wiens in der Nähe der Stubentor Brücke. Die Gründer des neuen Schauspielhauses, Direktor Oskar Fronz und Baumeister Friedrich Hermann Lederer hatten das Wiener Bürgertheater im Biedermeierstil errichten lassen, die Tapeten und die Polsterung waren moosgrün und das Gebäude selbst mit dem großen Proszentum Gemälde von Professor Veit zeigen die Ehrenmitglieder des Hauses: Girardi, Tewele und Tyrolt sowie Frau Schratt als Vindobona verewigt. Die kleinen Gemälde die sich oberhalb der Logen im 2. Rang befinden, rühren von dem akademischen Maler Gustav Bauer. War das Äußere des Schauspielhauses etwas schmucklos und nüchtern gestaltet, so bot der geschmackvoll ausgestattete Zuschauerraum Behaglichkeit und reizvolle Elemente, damit war es in seinem Interieur mehr als wienerisch und unterschied sich dadurch von all den anderen Bühnen. Akustik und Beleuchtung waren geradezu musterhaft.

Die Generalprobe hatte bereits am Vortage für ein geladenes Publikum stattgefunden.

Unter den Geladenen waren alle Theaterdirektoren mit Gattin, nur Schlenther ließ sich entschuldigen und durch seine Frau vertreten. In den ersten Ranglogen bemerkte man die Persönlichkeiten der Stadt- und Bezirksvertretung. Vereint in einer Loge saßen Frau Schratt, Frau Reinhold-Devrient und Herr Tewele. Im Parkett saßen weitere Berühmtheiten aus der Theaterwelt.

Im allgemeinen herrschte im neuen Theater erwartungsvolle Stimmung. Mit Schuberts Rosamunde wurde begonnen. Den Prolog durfte Fräulein von Brenneis vortragen.

Den Festgruß, den der Direktor Fronz selbst gedichtet hatte informierte die Besucher über den Inhalt des Programms das in der Saison des Bürgertheaters gespielt werden sollte.

Direktor Fronz hielt sich nicht an Bewährtes und brachte als Eröffnungsstück „Der alte Herr“ von Beatrice Dovsky.

Leider musste er auf Fräulein Lorma verzichten, die sich krank gemeldet hatte und später erfuhr man, dass sie sich einer Operation unterziehen musste. Statt ihr spielte Else Heller. (?).

Wie man vernommen hatte sollten die Autoren Namen von neuen Stücken geheim bleiben bis zur 10. Aufführung, bis man gewiss sein konnte, dass das neue Stück ein Volltreffer ist.

Die Zeit nach der Generalaufführung im Bürgertheater: „Für alle Fälle wir haben jetzt wieder ein neues Theater. Eines mehr. In dem man sich rasch heimisch fühlt. Gegeben wird „Der alte Herr“.

Gute Ratschläge werden nun auf den neuen Direktor nur so niederprasseln. Ratschläge sind billig. Gebt ihm gute Stücke und er ist euren Rates nicht mehr bedürftig .Er wird es nicht leicht haben. Doch er kann sich damit trösten, dass auch die anderen Direktoren nicht auf ihren Lorbeeren ruhen dürfen. Die Sache ist nämlich die, dass sich die Theaterwelt nicht so einfach in Bezirke einteilen lässt, wie die Theaterstadt Wien. Nun soll der Himmel seinen Segen dazugeben, der Direktor braucht Glück...“

„Das Stück war nicht kräftig genug, um die abfälligen Urteile der von dem saft- ud kraftlosen Stück Enttäuschten zu übertönen, es war das Geschwätz einer redseligen Dame, die während des Kaffeekränzchen ihren Gästen die Geschichte des älteren Herrn Ritters von und zu Schwabitz erzählt. Wie der besagte „von und zu“ plötzlich vom Johannistrieb erfasst wird, als eines Tages so ein Teufelsmädel, als Stütze der Frau in sein Haus hereingeschneit kommt....“ Nichtsdestoweniger möchte ich der Direktion wegen der Wahl dieses Stückes keinen Vorwurf machen, da es ihr meines Erachtens doch vor allem darauf ankommen musste, einen Teil des Ensembles, in welchem sich mehrere hierorts noch unbekannte junge Kräfte befinden, dem Wiener Publikum in einer Novität vorzuführen. In Herrn Schwartze, der die Titelrolle spielt, lernte man einen tüchtigen, verständigen Charakterdarsteller kennen....“ ließ der Humorist verlauten.

Im Dezember wurde „Der Held des Tages“ von Cus. Die zweite Neuheit des Bürgertheaters hat den Vorzug, dass Tewele seinen ganzen Humor entwickelt. Neu ist sonst nichts, so urteilt der Humorist.

Seit einiger Zeit wurde das Unterhaltungsleben bereichert und zwar durch das Kindertheater, besser gesagt durch die Kindertheater. Obwohl vor Wochen in der Leopoldstadt eine eigene Kinderbühne eröffnet wurde, aber augenscheinlich genügt dies dem Zerstreuung Bedürfnis unserer Kleinen nicht, denn auch die Theater für die Erwachsenen finden sich, eines nach dem anderen, bemüßigt, ihrem Repertoire regelrechte Kindervorstellungen einzuführen. Wie verlautet, beabsichtigt auch das Bürgertheater Jugendvorstellungen zu geben. Bereits am 23. Dezember 1905 fand die erste Schülervorstellung statt „Der Teufelsschlosser“.

Jedes neue Unternehmen muss die gewissen Kinderkrankheiten durchmachen.Sie bleiben auch dem jüngsten Musentempel, dem Wiener Bürgertheater, nicht erspart. Direktor Fronz hat aufregende Tage hinter sich. Hundert Dinge galt es zu erledigen. Kleinigkeiten oft, die viel mehr Arbeit machten als die anscheinend wichtigen Agenden. Noch wurde im Theater gehämmert und tapeziert, als der Tag der Eröffnung herankam. Ein intensiver Kalk- und Firnis Geruch machte sich im Zuschauerraum bemerkbar, und man sann darüber nach, wie sich der Sache abhelfen ließe. Das Nächstliegende wurde ausgeführt . Herr Fronz ließ knapp vor der Generalprobe, fünf Liter Koniferen Sprit im Zuschauerraum zerstäuben, und nun roch es ganz angenehm. Aber kaum hatte das Publikum im Hause Platz genommen,als ein Husten und Räuspern begann, das auf die Dauer anfing, recht störend zu wirken. Der Koniferen Sprit tat nämlich seine Wirkung: die Leute inhalierten gratis, denn ihre Schleimhäute wurden ganz intensiv gereizt. Mit dieser Wirkung hatte man freilich nicht gerechnet. Um ein Haar aber war auch die Vorstellung in Frage gestellt. Zwei Tage vor der Generalprobe erkrankte Fräulein Lorma, die Darstellerin einer Hauptrolle, an heftigen Zahnschmerzen. Die linke Wange schwoll gefährlich an. Natürlich große Verzweiflung. Die Wange wollte nicht abschwellen, die Schmerzen nicht aufhören. Die Rolle konnte und sollte nicht umbesetzt werden, doch Fräulein Lorma lief herum und wusste nicht, was sie anfangen soll. Aber schließlich erklärte sie, doch spielen zu wollen. Vorher erhielt sie drei Injektionen auf das entzündende Zahnfleisch und nun wagte sie sich erst auf die Bühne. Aber das Publikum war nicht wenig erstaunt, eine Schauspielerin zu sehen deren Wangen so ungleich waren.

Schließlich Herr Fronz darf sich über die Bereitwilligkeit, mit der sich seine Leute in den Dienst des neuen Theaters gestellt haben, nicht beklagen. Sie stehen und fallen mit ihm. Er genießt als Direktor ein Vertrauen, dass man beim Theater selten findet. Er hat mit sämtlichen Mitgliedern überhaupt keine Verträge abgeschlossen, sondern sie nur gegen – Ehrenwort verpflichtet. Das ist wohl das Neueste. Herr Tewele hat auch keinen Vertrag unterschrieben und seine Zugehörigkeit zum Bürgertheater beruht bis jetzt auf den gegenseitig erfolgten Austausch von Ehrenwörtern. Man wird zugeben, dass noch nie ein Direktor so felsenfestes Vertrauen in seine Kollegen gesetzt hat, wie Herr Fronz. Darin ist er gewiss der originellste der Bühnenleiter. (Nwr.J.)

Die Architekten und Baumeister Zeitung fand erst 1906 die Möglichkeit sich mit dem Bürgertheater eingehend zu befassen und zu äußern. „....Die beschränkten Kosten und die schlichte Bestimmung haben die Architekten verhindert, bei diesem Bau nach Monumentalität zu streben. Dagegen wurden über einem zweckmäßig erdachten Grundriss die Raummassen zwanglos gruppiert. Das Problem der Grundriss Lösung eines Theaters ist ein verhältnismäßig einfaches, da dem Hauptraum kein Tageslicht zugeführt werden muss. …. Das Bürgertheater aber lässt nur hoffen, dass akustische und andere praktische Vorteile für die oft unschönen Formen der Räume entschädigen werden. Im Zuschauerraum stört insbesondere die gegen die Bühne gerichtete Neigung der armierten Betondecke, durch welche ungleiche Höhen des Raumes entstehen. Die nicht entwickelte formale Ausbildung dieses Plafonds wird durch die relative Neuheit der hier über eine Spannweite von beiläufig 17 Metern verwendeten Deckenkonstruktion erklärt . Zur dekorativen Ausgestaltung des Auditoriums guter Theaterbauten wurden meist klare, plastische Formen verwendet, die zu der flachen Undeutlichkeit der Kulisse in einen beabsichtigten Gegensatz treten . Es ist dies der architektonische Ausdruck für das Verhältnis der im Zuschauerraum vorhandenen Wirklichkeit zu dem auf der Bühne wirkenden Schein. Die Formensprache im Zuschauerraum macht einen zu Flitter haften, unklaren Eindruck.

Einer ernsten Beurteilung wird somit nicht allzu vieles an diesem Gebäude standhalten. Eine wohlwollende Kritik mag sich ihm gegenüber auf den Standpunkt stellen, dass alles gut ist, was seinen Zweck erfüllt.

Endlich wurde das Bürgertheater durch den Schwank „Die große Haube“ von Alexander Engel mit Erfolg bedacht. Endlich konnte man sich über einen großen Erfolg freuen.

Im Jänner 1906 tauchten plötzlich Gerüchte auf, dass das Burgtheater mit dem Bürgertheater fusioniert werden sollten. Nachdem sich die Nachricht als falsch. heraus gestellt hatte, kombinierte man eine neuerliche Fusion und zwar zwischen dem Bürgertheater und dem Deutschen Volkstheater. Diese Kombination erregte bedeutendes Aufsehen und die Telefone in beiden Theater liefen heiß.

Mitte März 1906 wurde Wien wieder von orkanartigen Stürmen heimgesucht, dass sogar der Feuermelder des Bürgertheaters ausgelöst wurde.

Wie die Reichspost im April 1906 die Freunde des Bürgertheater informierte, gab es zwischen dem Direktor Fronz und dem Direktor Ben Tieber, als ausschließlicher Vertreter des Moskauer künstlerischen Theater einen Vertrag wonach russische Künstler zwischen 11 bis 19. April im Bürgertheater ein Gastspiel abhalten.

Im Mai 1906 kam der Schwank „Seine beste Idee“ zur Aufführung. Die „Wiener Neuesten Nachrichten“ dazu: Der Direktor hatte keine gute Idee als er sich entschloss den sogenannten Schwank „Seine beste Idee“ aufzuführen.

Am 5. Juni 1906 wurde wieder an die Kleinen gedacht denn sie durften sich über ein Gastspiel der Italiener freuen die die Kinder Oper unter der Leitung Prof. Guerra „Die Nachtwandlerin“ von Bellini aufführten.

Wie die Krone 1906 bekannt gab, wurde der Wunsch des Publikums nach Ermäßigung der Preise im Bürgertheater stattgegeben. Die Karten für die Abendvorstellungen reduzierten sich um zirka 10 Kronen. Mit der fünfzigsten Aufführung von „Sherlok Holmes“ hat das Bürgertheater sein Spieljahr begonnen. Als erste Neuheit folgte dann eine Wiener Komödie „Einer, der sich zu helfen weiß“ von F. Antony. Eine Posse der üblichen Wiener Possen Fabrikation mit der man noch immer eine Wirkung erzielen konnte.

Die Bühnenarbeiter waren im Jahr 1906 unzufrieden. Daher hatte der Präsident des Theaterdirektoren Verbandes zu einer Besprechung in die Statthalterei eingeladen. Direktor Fronz vom Bürgertheater erklärte dass er sich den weiteren Schritten seiner Kollegen nicht anschließen könne, da er durch Entlassung der bisherigen Arbeiter an seiner Bühne und durch Neuaufnahme geeigneter Personen den Streit selbst geschlichtet habe. Sodann beschlossen die Theaterdirektoren, dass sie mit dem Rechtsanwalt des Verbandes Dr. Glaser an der Sitzung, welche die Statthalterei angeregt hat, gemeinschaftlich mit den Vertrauensmännern der Bühnenarbeiter teilnehmen werden. Diese Sitzung fand an diesem Nachmittag statt.

„Das Kuckucksei“ wurde vor Jahren bereits im Volkstheater aufgeführt. Fronz, der Direktor des Bürgertheaters, konnte jetzt seiner Bühne ein hilfreicher Autor werden. Das Stück hatte Vorzüge, die es zu den besseren des Wiener Volksdramas stellte. In den Charakterschilderungen finden sich Feinheiten, die im heutigen Theaterstück der Volksbühne selten geworden. Der Beifall war warm und lebhaft, die Vorstellung, obwohl zu Gunsten der Armen des 3. Bezirkes, nicht zahlreich besucht. Die Vorstellung bot ihr Bestes.

Am 15. Oktober 1906 sollte für die Volks- und Bürgerschule im Bürgertheater am Nachmittag Schillers „Kabale und Liebe“ aufgeführt werden. Das Haus blieb leer, denn der Bezirksschulrat wies die für den ersten und zweiten Rang zur Verfügung gestellten Karten mit der Begründung zurück, dass Kinder gerade Kabale und Liebe nicht vorgespielt zu werden brauchten. Die Darstellung war unzureichend...

Wer geglaubt hatte, dass im Bürgertheater nur „fromme“ Stücke zur Aufführung gebracht werden, der irrt. Im Gegenteil sahen wir schon manche „Melcore“ (?) der geistigen Freiheit von dort aufsteigen. „Freie Ehe“ ein Lustspiel in drei Akten von Bela Jenbach und Robert Pohl, gelangte am 5. d. M., zur ersten Aufführung. Die freie Ehe des Schriftstellers Carus mit einer jungen Dame aus adeliger Familie musste zum Schluss in eine legale umgewandelt werden. Es musste wegen der Leute und einem mittlerweile eingetretenen freudigen Eheereignisses so kommen, trotzdem auch Vilma sich für die freie Ehe begeisterte. Der Novität wurde recht beifällig aufgenommen und die Träger der Titelrollen Herr Blum und Fräulein Frieda durch Hervorrufe ausgezeichnet, auch Herr Straßmeier gefiel recht gut.

Der Verein Concordia veranstaltete am 10. Dezember 1906 im Bürgertheater zu Gunsten seines Pensionsfonds eine Aufführung von Holteis Schauspiel „Lorbeerbaum und Bettelstab“ Die Vorstellung mit Sonnenthal war gänzlich ausverkauft.

Da es immer schwieriger wurde, ausgezeichnete Bühnenstücke zu bekommen, wurde es für das Bürgertheater immer schwieriger.

Edmund Eysler hatte gerade seine Operette „Der unsterbliche Lump“ vollendet, fand aber keine Bühne , die in Frage käme, sie alle waren für lange Zeit besetzt. Josef Weinberger dachte an das Bürgertheater. wo Direktor Oskar Fronz bisher Schauspiel, Lustspiel, Volksstücke und Possen aufgeführt hatte ohne sich aber Reichtümer damit zu erwerben. Weinberger wollte ihn deshalb davon überzeugen, dass er mit der Operette bessere Einnahmen erzielen würde. Fronz schreckte indes vor den hohen Kosten zurück, hatte er doch aus Einsparungsrücksichten schon die Musik aus seinem Theater verbannt. Er brauchte dann teure Operetten Kräfte, ein großes Orchester und Chorsänger, während er jetzt mit bedeutend kleinerem Etat auch sein Auskommen finde, war seine Antwort.

Weinberger ließ nicht locker und fuhr noch einige Male nach Purkersdorf hinaus, wo sich Fronz auf seinem Sommersitz befand und gerade mit der Ribiselernte beschäftigt war. Endlich hatte er ihn so weit und er soll sogleich mit der Operette „Der unsterbliche Lump“ einen Versuch wagen. Direktor Fronz engagierte nun die besten Sänger die es zur Zeit gegeben hatte.

Es wurde eine glanzvolle Vorstellung die am 15. Oktober 1910 stattfand. So wurde das Bürgertheater zur Operettenbühne.

Bereits am 23. Dezember 1911 fand im Bürgertheater bereits die Premiere des „Frauenfresser“ statt. Die Musik Eyslers war wieder ein durchschlagender Erfolg. Im März 1913 schreibt die Zeitschrift „Theater“ : Dass das Wiener Bürgertheater keine Existenz Berechtigung besitzt, dafür hat Direktor Fronz vollgültigen Beweis erbracht. Seine Existenzmöglichkeit verdankt das Theater heute einzig und allein der Popularität Meister Eysler. Die einfache Melodik und pointierte Rhythmik seiner Weisen, seine sieghafte Treffsicherheit, seine Eigenart im allgemeinen schaffen seinen Schöpfungen im voraus einen vollen Erfolg. Diesem kann selbst das Bürgertheater nicht Abbruch tun, wie es zu einem solchen anderseits dank einer Provinz mäßigen Aufmachung auch nicht beitragen kann. Nur Eysler verdankt das Theater den großen Erfolg des „Frauenfresser“, nur ihm auch heute den von „Der lachende Ehemann“. Zu dem großen Erfolg der neuen Operette hat allerdings ein glänzendes Buch das Seinige getan. Die Herren Brammer und Grünwald verdienen alle Anerkennung und dürfen täglich einen Großteil des Erfolges für sich in Anspruch nehmen. Die Musik Eyslers wird bald die gewohnte Popularität besitzen. Das „Wein“ Lied zumal wird in allen Schenken geduldet werden. Was die Aufführung anbelangt ist in erster Linie Herr Werner zu nennen. Die Dämmung seines Temperaments kommt seiner Rolle ungemein zu statten. Als „Lachender Ehemann“ ist er ein wirklicher „Frauenfresser“, Neben ihm ist Herr Straßmeier lobend zu erwähnen, für Herrn Herold können wir uns auch an der neuen Stelle seiner Wirksamkeit nicht erwärmen, er passt glänzend zu dem Ensemble des Bürgertheaters! Den Damen samt und sonders wäre der Besuch eines Tanzkurses dringend zu empfehlen. Fräulein Petko entschädigt wenigstens durch ihre Stimme. Im Bürgertheater wird man aber jetzt wieder „volle Häuser“ sehen. Ein lang entbehrter Anblick! Das hat mit seinem Zaubertaktstock Edmund Eysler getan!“

Komponist
Edmund Eysler

Als vierte in der Serie der Eysler Operette im Bürgertheater schloss sich „Ein Tag im Paradies“ an. Bei der Premiere am 23. Dezember 1913 war das Bürgertheater natürlich ausverkauft . Es wurde dadurch zur Sensation, dass die damaligen männlichen Operettengrößen nach Girardi und Fritz Werner nun noch Louis Treumann in einer Eysler Rolle auftritt. An diesem Tag war zur großen Überraschung die Hofloge besetzt. Österreichs junge Erzherzöge und Erzherzoginnen waren beim „Tag im Paradies“ Stammgäste und an vielen folgenden Tagen ebenfalls. Als der Prinz von Wied Albaniens junger Herrscher, in Wien weilte, zog auch er eines Abends eine Eysler Operette jedem anderen Vergnügen vor.

Meister Eysler wusste noch von einer Begebenheit zu berichten.: „Erzherzog Karl saß mit seiner Gemahlin Zita in der Hofloge des Bürgertheaters. Nach ihnen betrat Erzherzog Franz Ferdinand mit seiner Gattin Fürstin Sophie von Hohenberg die Loge. Die Fürstin müsste nach der Hofetikette hinter der Erzherzogin Platz nehmen. Erzherzog Karl überblickte sofort die peinliche Situation und viel zu galant, diese Demütigung der Gattin seines Onkels und militärischen Vorgesetzten zuzulassen, begrüßte die eingetretene Fürstin mit Handkuss wies ihr den Platz der Erzherzogin, die sich ebenfalls erhoben hatte, leistete dem Thronfolger die militärische Ehrenbezeigung und verließ mit seiner Gattin Zita die Hofloge. In einer anderen Loge wohnte das junge Paar der weiteren Vorstellung bei. Fürstin Hohenberg konnte mit Franz Ferdinand an der Balustrade der Hofloge Platz nehmen.

„...da das Bürgertheater kein spezialisiertes Ensemble hat“, so die Montags Zeitung „spielt es alles, und was es spielt, in Erzeugnis zweiter Gattung Herr Straus mag mit seiner neuen Operette „Liebeszauber“ bei ernsten Operettenbühnen Absagen bekommen haben, daher war das Bürgertheater für ihn eine Art Ablagerungsstätte, denn als Operettenbühne nimmt man das Bürgertheater nicht ernst. Aber wir hatten von Straus lieber gesehen, dass er auf „Liebeszauber“ entsagt, ehe er sein Werk, das trotz der sanften Ablehnung am Freitag für die Zollamtstraße noch zu gut ist, einem mühsam zusammen gestoppelten Ensemble anvertraut, das auf die Operette nicht gestimmt ist. Herr Fronz hat dem Fräulein von Brenneis ein Theater gebaut, damit sie dort die Rollen spielt, die sie im Volkstheater nicht bekam, aber sonst ist es ihn gelungen, seinem Theater Kräfte zu verpflichten, welche einer Aufgabe gewachsen sind. Fräulein Poldi Müller ist eine graziöse Erscheinung, sie besitzt Operettenblut, Herr Müller ist ein geschmackvoller Komiker. Aber damit versorgt man nur ein Lustspiel, noch nicht die Operette. Denn Herrn Werner Tenor ist fast ausgesungen und mit all den anderen, welche der Theaterzettel anführt, bevölkert man nur die Bühne, aber ein musikalisches Werk kann man damit in der Premiere abtun. Das Buch ist ganz gut, die Musik ist nicht originell und weist manchen Anklang an berühmte Vorgänger auf. Für das Bürgertheater mit seinem Publikum in die Operette gut genug, für O. Straus ist sie kein Erfolg und unser verwöhntes Operettenpublikum wird eher dreimal zur „Csardasfürstin“ als einmal zu „Liebeszauber“ gehen. Man weiß jetzt, wenn Herr Fronz eine Operette eines namhaften Autors bekommt, haben sich andere Theater dafür nicht interessiert. Und Herrn Fronz Ambitionen gehen nicht höher, als für sein Theater zweiten Ranges eine Operette zweiten Ranges zu erwerben.

Franz Lehar melodienreiche romantische Operette „Zigeunerliebe“ die seit Jahren zum eisernen Bestand der Carltheaters Repertoirs gehörte wurde im Einvernehmen mit der Direktion dieser Bühne vor kurzen im Bürgertheater in vollständig neuer Einstudierung und Inszenierung zum ersten Mal aufgeführt und erzielte auch hier einen großen und nachhaltigen Erfolg um die sich die Darstellung ganz besonders verdient machten. (1924)

1927 verkünden die Zeitungen mit Riesen Lettern: „Der Schicksalstag des Bürgertheaters“ Die Versammlung des Bürgertheater Personals.

Der Bühnenverein hatte eine Versammlung der Mitglieder des Bürgertheaters einberufen, in der er die Situation und die Zukunft des Theaters endlich klarstellen wollte. Wie man weiß, klammert sich Direktor Oskar Fronz mit allen Kräften an das Theater, dessen Konzession er noch immer besitzt. Doch hat Fronz bisher die Namen der Mitglieder seines Konsortiums nicht genannt. Nun erfahren wir, dass das Konsortium zum größten Teil der Musikalien Verlag Inhaber Herzmansky ist, der auch seinerzeit die 4000 Schilling erlegt hat, durch die die Pfändung des Fundus hinausgeschoben wurde.

Herzmansky ließ sich eine Zeitlang in ernste Verhandlungen mit Direktor Fronz ein, da er das Bürgertheater als Uraufführung Theater für Werke seines Verlages haben wollte.

Am 1. Oktober sollten die Zahlungen der Ausgleichsquote des Direktor Fronz beginnen. Die Behörden konnten ihm die Konzession entziehen falls ein ausschlaggebender Grund vorliegen sollte. Falls Direktor Fronz außerstande wäre, das Bürgertheater in den nächsten Tagen zu eröffnen und die Mitglieder ohne Beschäftigung und ohne Gagen bleiben, würden die Behörden sicher mit der Konzessionsentziehung vorgehen. Der Direktor verstand den Termin der Eröffnung immer wieder hinauszuzögern. Schuld er hatte kein Stück mit dem er das Theater eröffnen konnte.

Am 24. Juli 1927 lautete die Schlagzeile: „Wie das Bürgertheater zugrunde gerichtet wurde“ und meldeten die Blätter, dass das Bürgertheater seine Pforten geschlossen hat. Der Betriebsrat habe nachdem es Gagen Rückstände gab, beschlossen die Arbeit einzustellen.

Wie sah die Sache wirklich aus? Die Direktion hatte mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Zugegeben die Saison war schlecht, der Direktor strebte einen Ausgleich an. Direktor Fronz ließ nichts unversucht um zu Geld zu kommen um seine Angestellten zu befriedigen Die zuletzt auf dem Spielplan gewesene Operette „Gräfin Maritza“ warf soviel ab, dass das Personal wenn auch in Raten doch immerhin bezahlt werden konnte. Die gesamte Einnahme wurde dem Personal zur Verfügung gestellt. Wie man sieht, wäre trotz der Ungunst der Zeit im Bürgertheater noch alles gegangen, wenn nicht … wenn nicht dem Herrn Breitner 1) das Fortwursteln ein Dorn im Auge gewesen wäre. Er ließ alle Tage zwei Beamte aufmarschieren. Einer kam in die Verkaufskasse 1. Bezirk Rotenturmstraße und einer zur Tageskasse ins Bürgertheater. Diese beiden Abgesandten beschlagnahmten die eingezahlten Beträge für die Vorverkaufskarten. Der Vorgang war meist derart, dass, so oft eine Partei eine oder mehrere Karten kaufte, das Geld im selben Augenblick als konfisziert erklärt wurde. Auf diese Art ließ Breitner „Steuer einheben“.

Es kommt immer schöner. Herr Breitner hat sich absolut nicht gekümmert woher der Direktor das Geld hernehmen soll, wenn man es ihm wegnimmt. Selbstverständlich gab es abends dasselbe Manöver. Das Theater ganz gut besucht – Herr Breitner hatte die ganzen Einnahmen – die Mitglieder keinen Groschen Lohn.

Nachdem diese Art Steuereintreibung dem Direktor zu dumm geworden war, fragte er eines Morgens an, ob diese beiden Beamte wieder eingetroffen seien. Auf die bejahende Antwort verfügte Direktor Fronz sofort die Sperrung des Theaters mit der Begründung: „Ich lasse nicht für Herrn Breitner arbeiten, wenn alle meine Angestellten keinen Groschen bekommen!“

Er verschob die Vorstellung auf den 22. Juli, um mittlerweile Zeit zu gewinnen, mit Herrn Breitner ein Abkommen zu treffen. Da dies nicht gelang. Musste das Theater ganz gesperrt werden.

Zu erwähnen ist noch, dass für die abgesagte Vorstellung schon am frühen Morgen eine Anzahl Karten im Vorverkaufswege bezahlt wurden und dieses Geld, um welches das Publikum geprellt wurde, ebenfalls in die unergründliche Tasche des Herrn Breitner floss, ohne dass irgend ein Angestellter auch nur einen Groschen erhalten hätte. Selbstverständlich wollten die Kartenbesitzer, darunter sehr viele Fremde, für ihr Geld auch abends ins Theater gehen. Sie fanden geschlossene Türen. Darauf die Inschrift, dass das Bürgertheater seinen Betrieb eingestellt habe. Darob große Empörung vor dem Theater. Und mit Recht! Leider wurde den versammelten Leuten der wahre Grund der Schließung verschwiegen. Schimpfworte wie „Betrüger“ „Defraudant“ usw. wurden gegen den Direktor laut. Keiner des Personals hatte den Mut, die Leute aufzuklären. 1) Hugo Breitner sozialdemokratischer Finanzpolitiker 9. Nov. 1873, gestorben am 5. März 1946 Kalifornien

Inzwischen schreiben wir September 1928, das Bürgertheater ist nach wie vor gesperrt. Und Gegenstand von Gerichtsnotizen. Der ewige Streit zwischen dem Konzessionär, Direktor Fronz und den Hauseigentümern den Brüdern Schweinburg, nimmt nun in den letzten Wochen Formen an, die darauf hinweisen, dass die latente Krise nun doch einmal in dieser oder jener Weise zu einer Lösung kommen muss. Der Pachtvertrag den der Vater des jetzigen Direktor Fronz abgeschlossen, den der Sohn immer verlängert hatte und der nun bis 1929 läuft. Geändert hatte sich die Pachtsumme die zuletzt 26.000 Schilling ausmachte.

Direktor Bartsch wäre bereit Fronz 80.000 Schilling jährlich zu bezahlen, das würden 320 Schilling täglich allein nur für Fronz Konzession sein. Es gab jedoch noch andere Schwierigkeiten. Fronz hatte den Hauseigentümern seit dem 1. Dezember 1926 keine Pacht mehr bezahlt nicht einmal die Feuerversicherung Prämie, für welche die Hauseigentümer bereits 20.000 Schilling für Fronz auslegen mussten. Dazu kommt noch die vollkommene Abnutzung des Fundus, die Nichtbezahlung Miete des Dekoration Magazins auf der Landstraße, was eine Kündigung und eine notwendige Übersiedlung auf Kosten der Hauseigentümer zur folge hatte, und eine Anhäufung von rückständiger Lustbarkeitssteuer, die bereits die Summe von 150.000 Schilling ausmacht und ebenfalls zu Lasten der Hauseigentümer ginge. Das Theater würde längst eine Renovierung bedürfen und bei dem derzeitigen schlechten Zustand müsste man mit einem Kostenaufwand von einer Milliarde Schilling rechnen. Unter diesen unerfreulichen Umständen hatten die Hauseigentümer bereits seit einiger Zeit die Absicht sich von diesem Pächter zu trennen. Eine ganze Reihe von Prozessen wurde angestrengt, denn es handelt sich nicht um eine Pacht sondern um ein Mieten Gesetz.

Eine erste Instanz gab Fronz recht und setzte eine Jahresmiete von 4000 Schilling fest. Da der Fundus darin nicht enthalten war, wurde dieser von dem Hauseigentümer gesperrt. Infolge dieser Maßregeln kam es am 7. März 1928 zu einem gerichtlichen Vergleich, in welchem Fronz mit einem Betrag von 120 Schilling täglich die Rückstände an Pacht zu begleichen. Zwei Monate zahlte er, doch dann stellte er diese Zahlungen wieder ein, ließ eine Oppositionsklage gegen diesen Vergleich erheben und ging sogar so weit, eine Strafanzeige zu erstatten, unter dem Vorwand, dass dieser Vergleich gegen die guten Sitten verstoße und in seiner Notlage erzwungen worden sei. Wieder ein taktisches Manöver.

Die Hauseigentümer haben nun die Räumungs- und Kündigungsklage gegen Fronz eingereicht die für den 29. September angesetzten Verhandlung entschieden werden wird.

Die Ursache des Niederganges des Bürgertheaters darf man nicht allein in der schlechten Konjunktur suchen, sondern auch an den Fähigkeiten und Eigenschaften . des Direktors messen. Er hätte bereits vor zwei Jahren Konkurs anmelden müssen. Waren wichtige Besprechungen an der Tagesordnung war Direktor Fronz unerreichbar. Auch die Gläubiger lauern auf ihre Gelegenheit.

Also was wird mit dem Bürgertheater geschehen? Nach Bartsch Plänen sollten amerikanische Operetten aufgeführt werden, diesen Plan ließ er allerdings fallen, doch nicht ganz. Wichtig wäre wenn die Gerichte das Verfahren beschleunigen würden. So könnte man mit dem Theaterbetrieb im kommenden Jahr endlich beginnen.

Auf das Bürgertheater hatte es nicht nur Bartsch abgesehen sondern zahlreiche andere namhafte Persönlichkeiten, wie Direktor Jarno, Hansi Niese, Direktor Exl, auch eine Wiener Finanzgruppe zeigte Interesse.

Wie vorauszusehen war, hatte Direktor Fronz den Prozess in allen Instanzen verloren und das Theater geräumt. Tatsache ist, dass sich Direktor Fronz als ein gänzlich mittelloser Mann vom Wiener Theaterbetrieb zurückzog.

Ein Objekt, verwahrlost, überdies mit mehr als 100.000 Schilling Breitner Schulden belastet. Wie immer man weiß mit dem einstigen Theater nichts anzufangen. Gerüchte und Vermutungen man könnte das Bürgertheater als Filial Bühne der Oper gestalten. Sämtliche Bewerber hatten sich verflüchtigt, denn keiner wollte dem Breitner die Steuerrückstände bezahlen. Dann vernahm man wieder, dass aus dem Bürgertheater ein Tonfilmtheater entstehen könnte. Bald darauf kursierten Gerüchte dass Max Reinhardt auf der Suche nach einer Probebühne war.

Edmund Eysler scheint neuerlich der Retter des neu erstandenen Bürgertheaters zu sein. Seine neueste Operette „Ihr erster Ball“ fand am 21. November 1930 statt, und wurde wieder ein großer Erfolg. Die Musik hatte sich etwas erneuert und war moderner geworden.

Doch ein Jahr später sah es mit dem Bürgertheater nicht viel besser aus. Im April 1931 sollte ein Ensemble des Neuen Wiener Schauspielhauses gemeinsam mit Mitgliedern des Bürgertheater-Ensemble die En suite Aufführungen der Revue „Immer die Liebe“ beginnen. Die Generalprobe hatte bereits stattgefunden, der Besuch der ersten Vorstellung versprach ein sehr günstiger zu werden - drei Stunden vor Beginn der Vorstellung wurde aber der Direktion des Schauspielhauses verständigt, dass die Aufführungen im Bürgertheater nicht stattfinden können, weil für Vorstellungen an diesem Theater keine Konzession vorhanden sei.

Als nach Abschluss des Palasthy-Gastspiels an eine Fortführung des Bürgertheaters gedacht werden sollte, war der Erbschafts Kurator der Verlassenschaft nach Direktor Gahsamas Oberst Giesl, damit einverstanden , dass das Personal des Bürgertheater als Arbeitsgemeinschaft das Theater weiterführen und das Gastspiel mit dem Schauspielhaus abschließen sollte.

Gahsamas hatte kaum die Leitung des Bürgertheaters übernommen, als er an einer Blutvergiftung starb. Es blieben wieder Schulden zurück.

Das ist nun durch die Komplizierung der Konzessionsfrage unmöglich gemacht worden.

Im April 1942 soll das Bürgertheater mit der Komödie „Ringstraßenmelodie“ aus dem Dornröschenschlaf geweckt werden.

Ferdinand Exl zog nach dem Krieg in das Bürgertheater und erhielt den Ruf einer nationalen Bühne. Nachdem Exl wieder nach Innsbruck zurückkehrte, begann das Innere des Theaters zu verfallen und selbst ein Gastspiel im Sommer 1938 konnte das Theater nicht mehr retten. Die Gemeinde Wien erwarb das Gebäude, doch dann brach der Zweite Weltkrieg aus. Der neue Pächter heißt Robert Valberg . Das Innere musste neu gestaltet werden, da die Leitungen schon veraltet waren und nicht mehr modernen Zeit entsprachen.

1948 berichtet das „Neue Österreich“ „Prozess ohne Ende um das Bürgertheater“ Robert Valberg kontra Gemeinde Wien bisher 40.000 Schilling Prozesskosten

Robert Valberg klagte die Gemeinde Wien auf Zahlung von mehr als 750.000 Schilling. Diese immense Summe will Valberg in den Jahren 1942 bis 1945 für die Wiederherstellung und Neueinrichtung des Theaters ausgegeben haben. Nun verlangt er sie von der Stadt zurück.

1938 wurde das Theater von der nationalsozialistischen Gemeinde als Getreidespeicher, dann als Matratzenlager für die Wehrmacht verwendet.

Valberg wollte immer schon ein Theater besitzen und als sich ihm die Möglichkeit bot, griff er zu und schloss mit der Gemeinde Wien einen 10 Jahres-Pacht Vertrag ab. Er war der Verpflichtung eingegangen für alle Wiederherstellungskosten elbst aufzukommen und außerdem musste er einen jährlichen Pachtzins von 3000 Schilling bezahlen.

Diesen Vertrag bezeichnete Valberg nun nachträglich als ein Produkt von „Zwang, Irrtum und Sittenwidrigkeit“. Von „ungerechtfertigter und unsittlicher Bereicherung“ angefangen über „schikanöses Vorgehen“ bis zur „Arglist“ führt der ehemalige Direktor alles gegen die Stadt Wien ins Treffen, was nach dem bürgerlichen Gesetzbuch auch nur entfernt Erfolg verspricht. Es entbehrt nicht einer gewissen Komik, wenn Valberg – er war selbst ein prominentes Mitglied der NSDAP und dürfte das Bürgertheater nur deshalb überhaupt bekommen haben – den damaligen Vertrag heute als ein „typisches Erzeugnis nationalsozialistischer Staatsführung“ bezeichnet.

Die Leistung der Gemeinde, so behauptet der ehemalige Direktor, stehe in keinem Verhältnis zu der von ihm bezahlten Neueinrichtung, die sich die Gemeinde 1945 zusammen mit dem Theatergebäude wieder angeeignet habe.

In der Klagebeantwortung erklärte die Stadt Wien – durch Rechtsanwalt Dr. Berkowitz vertreten – dass die Leitung des Bürgertheaters für Valberg bei weitem kein Verlustgeschäft gewesen wäre. 1942 habe diese Bühne 65.000 RM im Jahr darauf sogar 300.000 RM Reingewinn abgeworfen und der Direktor, der nebenbei auch als Schauspieler auftrat, habe mit 31.000 RM Monatsgehalt sicherlich nicht zu wenig verdient.

Von den strittigen Investitionskosten anerkannte die Stadt Wien nur 188.000 Schilling, die jedoch nicht bar an Valberg auszubezahlen wären, sondern nach dem Pachtvertrag lediglich vom monatlichen Pachtzins abgezogen werden dürfen.

In den Schriftsätzen und Beweisanträgen, die in den vergangenen zwei Jahren zwischen den beiden Parteien und dem Gericht hin und her gingen, ist von diesem Pachtzins ummer wieder die Rede. Valberg – er wird von Dr. Stern vertreten – wirft der Gemeinde vor, dass er wegen seiner „schikanösen“ Absetzung als Theaterdirektor und der anderweitigen Verpachtung des Theaters nun keine Möglichkeit mehr habe, vom Pachtzins etwas abzuziehen. Der Gemeinde hingegen steht auf dem Standpunkt , es wäre nicht ihre Schud, dass Valberg wegen seiner politischen Belastung abgesetzt werden musste.

In diesem scheinbar endlosen Prozess ist nun eine unerwartete Wendung eingetreten. Die Erben des Architekten Schweinburg, der vor 1938 das Bürgertheater besaß und dem dann die Bühne weggenommen wurde, haben sich gemeldet und ihrerseits einen Restitution Prozess gegen die Gemeinde begonnen. Diese muss sich nun nach zwei Seiten hin gleichzeitig verteidigen: dem Direktor Valberg, der seine Investitionskosten zurück will, hält sie den Pachtvertrag aus der Nazizeit entgegen, den Erben Schweinburgs, die ihr Eigentum zurückverlangen, stellt sie die Bedingung, sie müssten vorerst eben die gleichen Investitionen ersetzen, die Valberg in das Theater hineingesteckt hat.

Es wird wohl noch einige Zeit vergehen bevor das Gericht diese verzwickte juristische Angelegenheit ganz geklärt hat. Die Prozesskosten, die schon jetzt fast 40.000 Schilling ausmachen, dürften bis dahin noch um ein beträchtliches anwachsen.“

Ab 1945 gab es im Bürgertheater laufend Kindervorstellungen. Im Bürgertheater wurden ab nun täglich unter dem Publikum Sammlungen für den Wiederaufbau des Stephansdomes und der Staatstheater, durchgeführt. Ab und zu gab es im Bürgertheater eine geschlossene Vorstellung für die britischen Besatzungstruppen.

Das Bürgertheater stand nun unter der Leitung von Franz Stoß. Das Volksstück „Im sechsten Stock“ brachte ihm von Hugo Huppert, von der Österreichischen Zeitung folgende Kritik ein: „...dass er uns die Pflege des echten, guten Volksstück-Repertoires versprochen hat. Wir nehmen ihm beim Wort...“

1946 wurde „Kleines Glück auf der Wieden“ gebracht, mit Gretl Schörg, Anni Rosar, Walrer Müller, Musik Hans Lang aber auch Anzengrubers „Das 4. Gebot“ wurde aufgeführt.

Die Gemeinde Wien benötigte für ihren Monsterbau der Zentralsparkasse ein Areal und so musste das Bürgertheater daran glauben und wurde am 5. Jänner 1960 demoliert.

Quelle: Edmund Eysler von Robert M. Prosl, Wien Lexikon, Auslese von Zeitungen der ÖNB

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