DUSSIK ULTRASCHALL#

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Ultraschallgerät,Graupp

Der Zweiten Weltkrieg hatte nicht nur Tausende von Toten gefordert, sondern auch eine Unzahl von Verletzten, die als Krüppel, schwer behindert, und geistig aus dem Gleichgewicht gebracht, ihr zukünftiges Leben meistern mussten.

Gerade für Menschen die im Krieg Gehirnschäden erlitten, davon betroffen ist meistens das Nervensystem und dadurch ist die Anzahl dieser Kranken stark gestiegen. Doch für sie gibt es einen kleinen Hoffnungsschimmer.

1947: Primarius Dr. Karl Theo Dussik in Bad Ischl verfügt über ein neuartiges Verfahren, das geeignet ist, durch Ultraschall Erkrankungen des Gehirns bildlich darzustellen., ohne jeglichen Eingriff vorher vorzunehmen. Unter Ultraschall sind Schwingungen zu verstehen, die dem Wesen nach ganz dem hörbaren Schall entsprechen, aber noch viel öfter in der Sekunde stattfinden. Während wir den höchsten hörbaren Ton vernehmen, wenn die Luft 20.000 mal in der Sekunde schwingt, gelingt es mit den Mitteln der modernen Physik einen Schallc zu erzeugen, bei dem mehrere Millionen Schwingungen in der Sekunde stattfinden, Dieser „Ultraschall“ ist weder hör- noch sichtbar, kann aber im Bild, dem sogenannten Hyperphonogramm dargestellt werden.

Dieses Verfahren, das Dussik mit seinem Bruder, dem Physiker Dr. Friedrich Dussik, weiter vervollkommnet wird, macht es möglich, ein Bild des Zustandes der Teile des Gehirns zu erhalten, wodurch direkt und ohne Eingriffe die Größe und Lage der Gehirnkammern, aber auch von Hirnnarben oder Tumoren zu erkennen sind. Das Verfahren ist gefahrlos, der Patient spürt während der Aufnahme gar nichts von dem Vorgang.

Das erste Bild dieser Art das erste Hyperphonogramm eines menschlichen Körpers, wurde von Dr. Dussik an seinem eigenen Kopf vorgenommen, seither wurden mehr als 100 Patienten mit diesem Verfahren untersucht. Es wird zweifellos noch viel Arbeit geleistet werden müssen, um das Verfahren voll auszunützen, aber heute schon steht fest, dass es sich um einen großen Fortschritt handelt, der die Bekämpfung dieser häufigen und gefährlichen Erkrankungen erleichtern wird. Außerdem wird der Ultraschall auch andere medizinische Aufgaben, zum Beispiel bei der Behandlung von Nerven- und Gelenkentzündungen bei Infektionen usw. erfüllen. Das neue Verfahren verspricht ein großer Erfolg zu werden.

Von Dussik stammt übrigens auch eine andere für den gleichen Untersuchungszweck bestimmte Methode, die den Ultraschall also hoch frequente mechanische Schwingungen, anwendet. Es sind nicht bloß die großen Störungen, wie Lähmungen, die nach Hirnverletzungen auftreten, sondern gewisse Störungen der zentral geleiteten sogenannten vegetativen Funktionen, die nicht immer beachtet werden; zum Beispiel werden solche Verletzte mit den Kohlehydraten, der Nahrung nicht fertig, sie scheiden Zucker aus, oder ihre Nägel und Haare erkranken, oder sie schwitzen viel mehr als früher. Auch ein vorzeitiges Altern gehört manchmal hierher. Dass durch Hirnverletzungen, Geschossteile, Narben, epileptische Krämpfe entstehen können, weiß man schon lange.

Dass das, was an der Ischler Anstalt geleistet wird, nicht bloß den Kriegsverletzten, sondern auch den Verunglückten des Friedens zugute kommt, denn die zunehmende Zahl von Autounfällen bereichert die Reihe der Hirnverletzten auch ohne Krieg.

Sämtliche Zeitungen nahmen sich sogleich dieses Themas an und titelten „Revolution in der medizinischen Diagnose“, „Eine aufsehenerregende medizinische Neuentdeckung......“

„Am 24. Oktober 1946 war ich als Zuschauer und Beobachter anwesend“ berichtet Rudolf Pichler in der angesehenen Zeitschrift „Wissenschaft und Weltbild“, „als im Ultraschall-Laboratorium von Bad Ischl die erste gelungene Ultraschallwellenaufnahme der Welt bei einem Menschen, und zwar einer Hand, durchgeführt wurde.....“

Dr. K. Th. Dussik arbeitet seit 1937 an einem neuartigen Verfahren zur medizinischen Anwendung dieser Energie. Es wurde von ihm zusammen mit dem Physiker Dr. F. Dussik und dem Stationsarzt Dr. L. Wyt ein eigenes medizinisches Ultraschall-Laboratorium errichtet, das bereits Untersuchungen an Patienten durchführt und dessen Arbeit erfolgversprechend verläuft. Es ist heute schon durchaus zu hoffen, dass sich damit ein neues Hilfsmittel für kranke Menschen entwickelt.

1949: Nach langen und schwierigen Verhandlungen ist es endlich gelungen, die seit Jahren offene Frage endlich einer Lösung zuzuführen, die nicht nur lokale Bedeutung für Ischl, sondern für das ganze Salzkammergut hat und besonders auch für den Kurort Ischl sicherlich von weittragenden guten Folgen sein wird.

Durch Schaffung der finanziellen Unterlagen haben die Pläne der Gruppe um Primarius Dussik die Möglichkeit ihrer Durchführung und die wertvolle Anstalt blieb Ischl erhalten und wurde gleichzeitig die erste „Ultraschall-Forschungsstelle Österreichs“,

Durch die Mitarbeit der Salvatorianerinnen, die als Krankenpflegerinnen besten Ruf genießen, wird im neuen Pivatkrankenhaus auch diese Frage neben der guten ärztlichen Betreuung auf das beste gelöst.

Mit 1. April 1949 wurde die Anstalt unter dem Namen „Privatkrankenhaus und Sanatorium Salzkammergut“ eröffnet.

Das unter Leitung von Primarius Dr. Dussik stehende Krankenhaus umfasst eine voll eingerichtete Nervenabteilung mit allen modernen Behandlungen.

Durch den guten und engen Kontakt mit den praktischen Ärzten und den anderen Fachabteilungen in Ischl ist ein weiterer Schritt gemacht zu dem Ziel, im gegebenen lokalen Rahmen ein medizinisches Zentrum zu schaffen.

So einfach heute die Vorgänge erscheinen, die Voraussetzungen sind im einzelnen so kompliziert, dass es lange nicht glücken wollte, das Problem zu lösen. Das ist erst durch die engste Zusammenarbeit von Arzt und Physiker, durch die Brüder Dussik gelungen, nach einer Vorarbeit, die bis ins Jahr 1937 zurückgeht; damals hat Dr. Dussik das Verfahren erfunden. Damit keinerlei Wirkung auf das lebende Gewebe eintritt, findet der Arzt sein Auskommen mit ganz geringen Energien. Da aber die fotografische Platte erst bei relativ großen Energien für Ultraschall empfänglich ist, wird das Bild auf einem indirekten Weg erzielt., Der Ultraschall wird in elektrische Spannungen umgewandelt, die verstärkt zur Steuerung einer Lichtquelle benützt werden. Die Helligkeit der Lichtquelle, eines Lämpchens, hängt nun mit der auf dem Empfänger auftreffenden Ultraschallstärke zusammen. Die verschiedene Abschwächung des durch den Schädel wandernden Ultraschallstrahles lässt auf diesem Weg dann Bilder entstehen, die Hyperphonogramm genannt werden.

1950: Im Privatkrankenhaus Bad Ischl sind nach der neuen Methode bereits etwa 150 Untersuchungen dieser Art vorgenommen worden. Der Ultraschall wird in steigendem Maß ebenso wie zur Diagnostik auch zur Therapie verwendet. Dieses neue Behandlungsverfahren ist bereits in vielen Ländern in Übung und erreicht bei vielen Erkrankungen der Nerven, Muskeln und Gelenke Ergebnisse, die mit anderen Verfahren nicht erzielbar sind. In Bad Ischl wurden erstmals auch bei schweren Erkrankungen des Zentralnervensystems z. B. Bei Lähmungen oder bei der multiplen Sklerose, sichere Ergebnisse erzielt, da die von Dr. Friedrich Dussik gebauten Apparaturen auch die vollkommen gefahrlose Behandlung des Gehirns und Rückenmarkes ermöglichen, Selbstverständlich setzt diese Behandlung besondere Erfahrung voraus, stellt aber – wie heute an vielen hundert Fällen erwiesen ist – einen bedeutenden Fortschritt dar. Es ist von besonderer Bedeutung, dass mit dem Bad Ischler Laboratorium der Wissenschaftlichen Vereinigung entwickelten Geräten zur Ultraschallbehandlung, die in Lizenz nun auch von einer Wiener Firma hergestellt werden, in Bad Ischl allein rund 25.000 Beschallungen an etwa 1000 Patienten durchgeführt wurden, bei denen nicht in einem einzigen Fall Schädigungen beobachtet wurden

Im selben Jahr spielte sich in Ischl eine Tragödie ab. Seit drei Wochen ist der 42jährige Wiener Neurologe und Psychiater Dr. Josef Mayerhofer, der am 16. Juli 1950 nach Bad Ischl gekommen war, spurlos verschwunden. Gestern gegen 11 Uhr wurde seine Leiche unterhalb einer sieben Meter hohen Wand des Wildensteins bei Kaltenbach nächst Ischls von Gendarmeriebamten gefunden. Sie war bereits stark verwest und bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Dr. Mayerhofer konnte nur durch seine Ausweispapiere indentifiziert werden. Die Polizei nimmt an, dass der Arzt Selbstmord verübt hat.

Die Hintergründe des Freitodes Dr. Mayerhofers dürften in einem reichlich dunklen Intrigenspiel zu suchen sein, das vor kurzem um die Primar-Stelle des Krankenhauses Salzkammergut in Bad Ischl abrollte.

Dr. Mayerhofer, der noch vor zwei Jahren an der psychiatrischen Universitätsklinik tätig war, lebte seither von seiner Privatpraxis. Etwa eine Woche vor seinem Verschwinden erhielt er aus Ischl die Verständigung, er könne dort den Posten des Pimarius im Krankenhaus Salzkammergut antreten. Am 17. Juli verabschiedete sich der Arzt von seiner Frau und fuhr, mit zwei Koffern ausgerüstet, nach Ischl um dort seine neue Arbeit zu beginnen.

Im „Krankenhaus Salzkammergut“ erwartete den Ankömmling allerdings eine bittere Enttäuschung. Man wies ihm zwar ein Zimmer an, nahm seine Anwesenheit im übrigen aber nicht zur Kenntnis. Keiner der Kollegen, keine der Schwestern anerkannten ihn als den neuen Primar, und der bisherige Dr. Dussik wechselte mit ihm nur einige Belanglosigkeiten.

Das „Krankenhaus Salzkammergut“ war während des Krieges ein Luftwaffenlazarett, nach Kriegsende wurde es als deutsches Eigentum dem Vermögensversicherungsministerium unterstellt. zDas Objekt ist dann zur Weiterführung als private Heilanstalt an eine Frau Annemarie Heigl-Verosek und an Primarius Dr. Dussik verpachtet worden. Frau Heigl übernahm die wirtschaftlichen und verwaltungstechnischen, Dr. Dussik die ärztlichen Agenden.

Der Pachtvertrag mit Frau Heigl wurde jedoch am 19. Juli von der Landesregierung gekündigt. Daraufhin versuchte sie , wie Dr. Dussik einem unserer Mitarbeiter telefonisch erklärte, eine regelrechte Palastrevolution. Sie ließ dem Primar kurzerhand mitteilen, er müsse seinen Posten sofort verlassen. Für Ersatz sei bereits vorgesorgt.

Dr. Dussik ließ sich jedoch durch diese etwas selbstherrliche Entscheidung seiner früheren Partnerin nicht ins Bockshorn jagen. Alles blieb beim alten. Die Leidtragenden dieses reichlich undurchsichtigen Intrigenspiels sind die „Ersatzmänner“ gewesen, nämlich der auf Veranlassung Frau Heigls als neuer Primar nach Ischl berufene Wiener Psychiater und ein Arzt aus Wels.

Dr. Mayerhofer, der nichts von der Vorgeschichte seiner „Berufung“ wusste, scheint sich die Brüskierung in Ischl schwer zu Herzen genommen haben, außerdem erlitt er noch materiellen Schaden. Vielleicht trieb ihn all das Vorgefallene in den Freitod

1952: In diesem Jahr findet der Welt-Ultraschall-Kongress in Bad Ischl statt. Zwei österreichische Wissenschaftler entwickelten neue Darstellungsmethoden von Gehirntumoren.

QUELLEN: Salzburger Tagblatt, 18. November 1947, S 7, Berichte Österr. Forscher , 24, Februar 1950, S 15, Neues Österreich, 11. August 1950, S 3, Salzkammergut Zeitung 17, April 1949, S 5, Salzburger Volkszeitung, 28. August 1948, S 4, Welt am Abend, 8. Oktober 1947, S 2, ANNO Österreichische Nationalbibliothek.

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