DONAUKRAFTWERK#

YBBS-PERSENBEUG

Ybbs-Persenbeug
Donaukraftwerk

1928 ist die Errichtung einer Donau-Wasserkraftanlage auf österreichischem Gebiet mehr als aktuell geworden und auch in den Vordergrund des öffentlichen Interesses gerückt. Bestimmend für den geplanten Ausbau sind zwei Faktoren, welche Vorteile ergeben sich für die Schifffahrt und für die Wirtschaft.

Im Flusslauf der österreichischen Donau sind nur wenige Stellen dazu geeignet, um dieses Großvorhaben auszuführen. In Betracht kämen Aschach-Kachlet und Greiner Struden.

Das von Herrn Ing. Oskar Höhn in Zürich ausgearbeitete Projekt sieht die Einstauung dieses Hindernisses durch Errichtung einer Wasserkraftanlage für zirka 145.000 PS Nutzleistung vor. Bei Ybbs Persenbeug bietet sich auf vorhandene Felssohle der Donau eine günstige Gelegenheit zur Erbauung einer Wehranlage mit nebenliegenden Schiffsschleußen und Kraftzentrale. Dem Ingenieur standen nur die Wasserverhältnisse der Donau aus den Jahren 1898 bis 1909 zur Verfügung. Die Behörden haben das Projekt geprüft und es entsprach ihren Vorstellungen und fanden es als die beste Lösung, das so bald wie möglich in Angriff genommen werden sollte.

In Tageszeitungen, Fachzeitschriften und in Diskussionsrunden ist das Kraftwerk zum Hauptthema geworden. Die einstimmige Meinung war schließlich, dass diese Donau Wasserkraftanlage gebaut werden soll und vor allem jene die eine Großschifffahrt ohne Schwierigkeiten zuließ. Höhns Projekt entsprach ganz den gewünschten Anforderungen. Wo das Gefälle der Donau am stärksten, war die Wasserkraftnutzung am wirtschaftlichsten.

Die Donau-Dampfschifffahrtsgesellschaften bekämpfen mit Recht auch solche Projekte. Die Kanalprojekte würden gleichfalls die Schifffahrt sehr bedeutend erschweren, da auch die Wassergeschwindigkeit im Kanal relativ größer ist. Das Wenden und Überholen der Schiffe im Kanal würde ebenfalls Schwierigkeiten schaffen. Durch das Hön'sche Projekt wird das Haupthindernis für die Schifffahrt in möglichst vollständiger Weise behoben, für alle Wasserstände eine größere Wasserstände eine größere Wassertiefe geschaffen und eine kleinere Wassergeschwindigkeit erzielt und zwar nicht nur in Struden, sondern auf die ganze Länge der Staustrecke von zirka 30 Kilometer. Bei den Schleußen- Ein- und Ausfahrten ist die Wassergeschwindigkeit eine geringe.

Das Kraftwerk hat ganz besonders eine große Bedeutung für die Stadt Wien und die österreichischen Bundesbahnen. Die Leistung des Kraftwerkes ist so groß, dass damit auf Jahre hinaus der Kraftbedarf gedeckt sein würde.

Die Anlage kann bei Niederwasser, also auch im Winter, als Momentan Kraftreserve dienen, was besonders von größter Wichtigkeit ist.

Besondere Förderung in der Ausnützung der Wassermengen und insbesondere in der Nachtkraft des Kraftwerkes würde durch die Schaffung einer hydraulischen Speicheranlage in der Nähe von Wien erfolgen. Damit würde auch die Betriebssicherheit der Kraftlieferung wesentlich erhöht. Der Ausbau des geplanten Kraftwerkes bietet weder in baulicher Hinsicht, noch im Betrieb der Schifffahrt und der Kraftnutzung Probleme, die nicht schon bei bestehenden Anlagen gelöst sind.

Im folgenden sei die Anlage kurz geschildert.

Zwischen den Ortschaften Ybbs und Persenbeug ist das Stauwerk in der Donau mit neben anliegendem Krafthaus und den Schiffsschleußen vorgesehen. Das Stauwerk ist ein Walzenwehr von 4 Öffnungen von je 48 Meter lichter Weite. Die Gesamtbreite des Wehres beträgt 214.5 Meter . Die beweglichen Walzenverschlüsse werden mittels Laschenketten durch Elektromotoren hochgezogen.

Die Aufzugsvorrichtungen sind in den turmartigen Pfeilerbauten untergebracht. Über die Pfeiler des Wehres, der Schiffsschleußen und der Turbinenausläufe des Krafthauses wölbt sich eine 9.6 Meter breite Straßenbrücke zur Verbindung der Ufer, der Wachau mit dem Ybbstal. Diese Donaubrücke liegt in günstigster Weise in der ungefähren Mitte der schon bestehenden Brücken von Linz und Stein. Dem lang gehegten Wunsch der Bevölkerung hier auch Rechnung getragen werden. Das gestaute Wasser wird den Turbinen vermittels des ins Ufer eingebauten 300 Meter langen Vorbecken zugeleitet.

Die zwei Schiffsschleußen haben eine nutzbare Länge von je 230 Meter und 24 Meter lichter Weite. Die Schleußen sind mit Doppelschützen ausgestattet. Die Dimensionierung der vier Wehröffnungen erfolgte so, dass eine schadlose Abführung größter Hochwassermengen, wie sie in den Jahren 1830, 1887 und 1899 aufgetreten sind, garantiert werden kann. Die Schiffsschleußen stünden dafür außerdem noch zur Verfügung.

Die Donauuferbahn sowie die Straße müssen auf kurze Strecke Land einwärts verlegt werden, die Kaianlagen von Grein, die schon jetzt mehrmals jährlich überflutet sind, müssen höher gelegt werden. Die Geschiebe Verhältnisse der Stauhaltung des Kraftwerkes im Passauer-Kachlet sind analog denjenigen der Donau bei Linz.

Der Bau der geplanten Anlage erfordert fünf Jahre, während welcher Zeit zirka 2000 bis 3000 Arbeiter, nur an der Baustelle allein, Beschäftigung finden. Die Vorteile für die Volkswirtschaft im allgemeinen betrachtet, sind daher bedeutende. Der Bauaufwand beträgt ungefähr 100 Millionen Schilling

Der Rhein Main Donau Kanal, der den durchgehenden Binnenschifffahrtsweg Rotterdam-Galatz bilden soll wird voraussichtlich 1935 eröffnet werden. Bis dahin sollen aber auch die Schifffahrtshindernisse in der Donau behoben sein. Eine Verkehrszunahme auf der Donau wird nur dann Aussicht haben, wenn der ganze Lauf der Donau dem Schiffstyp der zukünftigen Großschifffahrt von 1.200 Tonnen angepasst ist. Keines der übrigen Donauprojekte hat diesen Aussichten künftiger Entwicklung Rechnung getragen. Die Ausnützung der Donau-Wasserkräfte kann und darf nur gelöst werden, ohne dass die auch in Zukunft für die Donau primär bleibende Bestimmung als Verkehrsstraße ersten Ranges nachteilig beeinflusst wird.

Am Oberrhein wurden zuerst an den Stromschnellen Wasserkraftanlagen durch direkten Aufstau erstellt. Deutschland hat auf dieselbe Weise sein größtes Schifffahrtshindernis in der Donau ob Passau behoben. Österreich sollte nun dasselbe tun mit dem Greinerstruden durch die Errichtung des Großkraftwerkes Ybbs-Persenbeug. Auf diese Art würde der gesamten Donau-Schifffahrt und damit auch dem Hafenverkehr der Donaustädte die größte Förderung zuteil. Österreich darf daher im Ausbau der Schlagader seines wirtschaftlichen Lebens, der Donau, nicht zurück bleiben.

Was seit Jahrhunderten Wunsch und Idee war, die Verwirklichung der Großschifffahrtsstraße, des Rhein-Main-Donau-Kanals, ginge mit dem Bau des Kraftwerkes Ybbs-Persenbeug baldigem Werden entgegen.

Diese Tat wird gewiss auch den Impuls .bilden zum Sprengen der größten Fesseln für die Donauschifffahrt im Eisernen Tor. Der Weg zum Meer nach Osten hin wäre damit auch frei gegeben. L. Krabath

Das 1924 von Höhn geplante Projekt diente schließlich als Grundlage für das „Syndikat für das Donaukraftwerk Ybbs-Persenbeug“ und wurde vom Österreichischen Landwirtschaftsministerium die Konzession für 90 Jahre festgesetzt. Die Bewilligung dazu erfolgte 1936 und Höhn übernahm 1938 das Projekt. Mit der Fertigstellung rechnete man bis 1943. Man begann mit den Bauarbeiten, doch 1939 wurden die Arbeiten unterbrochen da man Neues plante und zwar ein Unterwasserkraftwerk mit Kaplanturbinen. Die Idee des Maschinenbautechnikers Arno Fischer, der noch dazu das Stauziel um 1.5 Meter erhöhen wollte, wurde nun überdacht. 1947 wurde die „Österreichische Donaukraftwerke AG“ gegründet. Eine neue Auslese wurde getroffen und am 1. Oktober 1954 konnte endlich mit den Bauarbeiten begonnen werden und 1959 wurde der Wunsch Wirklichkeit und das erste Österreichische Donaukraftwerk wurde eröffnet.

QUELLE: Niederösterreichischer Grenzbote, 23. September 1928, S 1 und 2. Bild Graupp

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