DAS WIESTAL#

Salzburg
Wiestalstausee

Oktober 1913: Mit dem heutigen Tag ist ein Werk vollendet worden, welches die Stadtgemeinde viele Jahre hindurch beschäftigte, und nicht nur ein Bedürfnis der Bevölkerung sondern für die Stadtgemeinde bedeutende finanzielle Vorteile bringen wird.

Es handelt sich dabei um die Wasserkraftanlage im Wiestal. Eine unbenutzte Bachstrecke am Almbach bei Adnet wird nun dazu herangezogen am oberen Ende der Adneter Klamm eine Sperrmauer zu errichten um nicht nur das Gefälle zu erhöhen sondern durch die Anlage eines Stausees die ausnutzbare Kraft um ein Bedeutendes zu vergrößern, so dass im Maschinenhaus, welches die Turbinen und elektrischen Einrichtungen enthält, durch die aufgestellten drei Turbinen eine Leistung bis zu rund 4000 HP erzeugt werden kann. Es wurde sogar noch an eine vierte Turbine gedacht mit der man eine Höchstleistung von 5400 HP erreichen könnte.

Der Stausee von 4 Kilometer Länge und bedeckt eine Grundfläche von mehr als eine Million m², lässt sich um neun Meter absenken und ergibt somit eine Wasserreserve von 5 ½ Millionen Kubikmeter für jene Zeit der wenigsten Wasserstände.

Um den Stausee zu realisieren mussten sechs Wohnhäuser mit den dazu gehörenden Gründen eingelöst werden. Die Landstraße wurde ebenfalls im See versenkt und daher eine neue Straße bis sie in die Ludwig Viktor Straße überging errichtet werden.

Von dem Stausee führt ein Stollen durch das Bergmassiv in einer Länge von 1280 Meter bis zum Wasserschloss, an dem sich die beiden Rohrleitungen anschließen, die das Betriebswasser den Turbinen zuführen.

Die von den Turbinen erzeugte Kraft wird durch die Generatoren in elektrische Energie umgesetzt und über Transformatoren auf die Spannung von 25.000 Volt gebracht damit in die Freileitung befördert, die vom Maschinenhaus über den Almbach und den Höhenrücken beim Trattengut und über St. Jakob bis nach Aigen zum Transformatorenhaus führt. Von hier wird der Strom neuerlich von 25.000 Volt auf 3000 Volt transformiert, um dann per Kabel längs der Salzach zur Hauptkraftstation in der Schlachthofgasse in Salzburg geführt zu werden.

Der Bau der gesamten Anlage dauerte vom Dezember 1909 bis Ende Oktober 1913, täglich waren bis zu 900 Arbeiter beschäftigt. Die Sperrmauer hateine Länge von 65.6 Meter, und eine Fundamentbreite von 24.8 Meter. Die Mauerhöhe ist 22 Meter und besteht aus Bruchsteinmauerwerk. Das Überwasser

Über die Finanzierung der Anlage, dass im sieben Millionenanlehen der Stadt Salzburg vom Jahr 1911 fünf Millionen Kronen für das Wiestalwerk und die städtischen Elektrizitätswerke vorgesehen, und damit gedeckt waren.

Der Weg in das Wiestal, das sich einst stiller Abgeschiedenheit erfreute und nun durch Industrie belebt wurde, kann von Hallein aus in 1 ½ stündiger Wanderung auf schönen Straßen über „Hammer“-Oberalm und die „Strubklamm“ erreicht werden. Das Wandern auf der neuen, nächst der Adneter Sulzenbachmühle abzweigende Landstraße führt bis zum idyllisch gelegenen Stausee., in dem sich auch der Watzmann in seiner ganzen Pracht spiegelt.

Eröffnet wurde die Stausee Anlage am 30. Oktober 1913, die Festgäste aus Salzburg erschien bequem in 16 Autos über Guggental zum Elektrizitätswerk. Nach Schluss der Feier kehrte ein Großteil der Festgäste über Hallein und Kaltenhausen zurück.

Der technische Beirat, Prof. Dr. Friedrich bezeichnete die Ausführung des gesamten Baues als mustergültig und bezüglich der Baukosten als eine der billigsten Anlagen Europas. Die kirchliche Weihe nahm Landeshauptmann A. Winkler unter Assistenz Herrn Landesausschuss J. Etter vor.

Schon am 23.Oktober 1910 war in Wiestal durch den Halleiner Dechant Herrn N. Ernst eine Notkapelle eingeweiht und dort mit dem Hinweis auf das Wort: „Nicht vom Brot allein lebt der Mensch“ der erste Gottesdienst gefeiert worden. Nun ist das Notkirchlein , welches manchen Wanderer erbaut hätte, durch Entfernung des Altars und durch Verwendung zu anderen Dingen wieder profaniert.

Nach dem bösen Ausgang des Ersten Weltkrieges sah sich Deutsch-Österreich nun gezwungen ohne den Kohlenreichtum aus dem einstigen Kronland auszukommen. Doch der Rest Deutsch-Österreich war mit einem anderen Element reichlich gesegnet: Wasser. Diese Wasserkräfte mussten nun schleunigst ausgebaut werden.

1920 wurde mit der zweiten Staustufe, dem oberhalb befindlichen Speicherkraftwerk Strubklamm begonnen, denn der Stromverbrauch ist inzwischen rasant gestiegen. Ein zusätzliches Kraftwerk im Bereich der Strubklamm war bereits beim Bau des Wiestal Kraftwerkes vorgesehen.

Im November 1923 fuhr der Salzburger Gemeinderat mittels Personenwagen um die neue Kraftanlage in der Strubklamm zu besichtigen. Die Staumauer für den neuen Stausee war fertig gestellt. Die Arbeiten zu dieser wurden in der Zeit von 20. September bis 15. November 1923 in rascher Zeit durchgeführt, dazu waren 800 Arbeiter nötig. Auch die neue Kraftstation ist bereits unter Dach, so dass bald auch die technische Ausrüstung in kürzester Zeit erfolgen kann.

Die Fahrt hierher war deswegen erfolgt, um den feierlichen Moment des Stollendurchschlages mit der Bauleitung und der Arbeiterschaft gemeinsam zu begehen, Somit ist der 2435 Meter lange Stollen durchbrochen und es kann nunmehr die endgültige Fertigstellung vollzogen werden.

Der nächste Plan steht ebenfalls schon fest, ein Verbindungsstollen zum dritten Wasserreservoir, dem Hintersee soll bald in Angriff genommen werden.

1924 nahm das Kraftwerk Strubklamm seinen Betrieb auf.

QUELLEN: Salzburger Chronik 31. Oktober 1913, S 6, 9. Dezember 1927, S 4, Volksfreund 29. November 1913, S 2, Bild/Graupp, ANNO Österreichische Nationalbibliothek

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