Wandern#
Der französische Philosoph Jean Jacques Rousseau (1712–1778) propagierte das Wandern als Kulturleistung, es sollte die Menschen von schlechten Gewohnheiten befreien. Zuvor waren sie nicht zum Vergnügen, sondern aus beruflichen oder religiösen Gründen weite Strecken zu Fuß unterwegs. Handwerker, wie die Buchdrucker sammelten Erfahrungen in der Fremde "auf der Walz". Wanderhändler und Saisonarbeiter aus wirtschaftlich benachteiligten Gebieten - wie Gottscheer oder (Süd-)Tiroler, Kroaten, Slowaken oder Krautschneider aus dem Montafon - mussten ihr Brot hausierend verdienen. Eine Wallfahrt zu heiligen Stätten konnte eine schwere Strafe ersetzen. Daran erinnert die Herkunft des Wiener Ausdrucks "Pülcher" von Pilger. Im Gegensatz zum bürgerlichen Gehen und Wandern stand das Fahren der Adeligen.
Um 1800 wurden die Alpen als Ziel der Touristen modern, wobei sich Naturbegeisterung, Entdeckerfreude und Abenteuerlust mischten. Bekannt ist der Wiener Alpinist und Hofkammerbeamte Joseph Kyselak (1795-1831), der um 1825 auf den Stationen seiner Wanderungen, wie Felswänden, in großen Buchstaben seinen Namen "verewigte". 1862 war das Gründungsjahr des Österreichischen Alpenvereins, der den Weg- und Hüttenbau im Gebirge förderte und entsprechende Literatur herausgab. Zur charakteristischen Ausstattung der Wanderer zählen, neben Kniebundhose und Rucksack, Wanderstock und Hut, auf denen Abzeichen wie Stocknägel und Wandernadeln angebracht werden. Wandern als Massenbewegung im Zusammenhang mit dem österreichischen Nationalfeiertag am 26. Oktober stand als größte Breitensportveranstaltung des Landes unter dem Ehrenschutz des Bundepräsidenten. Als moderne Sportarten zu Fuß etablierten sich in den 1990er Jahren Nordic Walking und Jogging.
Quellen:
Gertraud Steiner: Gehlüste. Alpenreisen und Wanderkultur. Salzburg-Wien 1995.
Wolfgang Wehap: Gehkultur. Frankfurt/M. 1997
Joseph Kyselak, Ernst Gehmacher: Zu Fuss durch Österreich. Wien 1982
Bilder:
Dokumente zur Gesellenwanderung (Walz) des Schriftsetzers Josef Ludwig Wolf, 1914
Siehe auch:
