Religionsgemeinschaften#

Die österreichische Rechtsordnung ist von ihrer Verfassung her religiös neutral. Erste Schritte setzte Kaiser Joseph II., der 1781/82 Toleranzpatente für die Evangelische Kirche Augsburgischen und Helvetischen Bekenntnisses, orthodoxe Christen und Juden erließ. 1861 gestand das Protestantengesetz den Evangelischen die volle Religionsfreiheit zu. Die Gleichberechtigung der anderen begann mit dem Staatsgrundgesetz 1867. Die erste Regelung der gesetzlichen Anerkennung einer Religionsgemeinschaft betraf 1877 die Altkatholische Kirche. Das Israelitengesetz wurde 1890 erlassen. Als Folge der Annexion von Bosnien und der Herzegowina (1878) lebte auf dem Staatsgebiet der Monarchie eine größere Anzahl von Muslimen, sodass es 1912 zur Anerkennung des Islam (nach hanefitischem Ritus, eine der vier Rechtsschulen des sunnitischen Islam) als Glaubensgemeinschaft kam. Das Gesetz wurde 1988 auf andere Riten ausgedehnt. Das Verhältnis zu den übrigen gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften ist aufgrund des Anerkennungsgesetzes von 1874 sowie durch das Orientalisch-orthodoxe Kirchengesetz von 2003 geregelt. Außer dem Hinduismus sind in Österreich alle Weltreligionen gesetzlich anerkannt. Als erstes Land Europas hat Österreich 1983 den Buddhismus anerkannt. 2015 beschloss der Nationalrat ein neues Islamgesetz, das die Rechte und Pflichten der Muslime in Österreich regelt.

Derzeit bestehen in Österreich 16 gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften. Ihnen wird ein besonderer Schutz zuteil. Die Herabwürdigung religiöser Lehren und die Störung einer Religionsausübung gelten als Straftatbestände. Dem Gottesdienst gewidmete Räumlichkeiten und sakrale Gegenstände genießen bei Diebstahl und Sachbeschädigung erhöhten strafrechtlichen Schutz. Schüler, die einer gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgesellschaft angehören, erhalten in den öffentlichen Schulen Religionsunterricht ihres Bekenntnisses, die Kosten dafür trägt der Staat. Mit 14 Jahren wird man religionsmündig.

Gesetzlich anerkannte Kirchen und Religionsgesellschaften in Österreich :

  • Katholische Kirche (mit ihren Riten: lateinischer, griechischer St. Barbara, Wien 1, armenischer Mechitaristen, Wien 7 Ritus)
  • Evangelische Kirche A. u. H. B. (Augsburgischen und Helvetischen Bekenntnisses)
  • Griechisch-orientalische (= orthodoxe) Kirche in Österreich
  • Diözese von Wien und Österreich der Russisch-orthodoxen Kirche (Moskauer Patriarchat)
  • Israelitische Religionsgesellschaft
  • Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich
  • Orientalisch-orthodoxe Kirchen in Österreich
  • Altkatholische Kirche Österreichs
  • Evangelisch-methodistische Kirche in Österreich (EmK)
  • Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage (Mormonen) in Österreich
  • Armenisch-apostolische Kirche in Österreich
  • Neuapostolische Kirche in Österreich
  • Österreichische Buddhistische Religionsgesellschaft
  • Syrisch-Orthodoxe Kirche in Österreich
  • Jehovas Zeugen in Österreich
  • Alevitische Glaubensgemeinschaft in Österreich (ALEV)

Im Jahr 2021 bekannten sich drei Viertel der Österreicher zu einer Religionsgemeinschaft. Die meisten (55%) sind Katholiken. 1951 waren 89 % Mitglieder der katholischen Kirche, 2001 waren es 73,6 %. Mit stark steigender Tendenz folgen die Konfessionslosen (22,4 %). In Wien zählt man mehr Konfessionslose (34 %) als Katholiken (32 %) und Muslime (8,3 %). Ihr Anteil hat sich von 1971 bis 2001 verdoppelt. 38 % aller Muslime leben in der Bundeshauptstadt. Auch die Zahl der orthodoxe Christen nimmt zu (4,9%). Nicht nur die katholische Kirche verliert Mitglieder, sondern auch die evangelische (3,8 %) und die altkatholische (0,1 %).

Quellen:
Statistisches Zentralamt, zitiert nach "Kurier" vom 26.5.2022
Listen laut BKA, Wien